Auf Screenshot-online veröffentlichte ich einen kleinen Kommentar zu Katja Eichingers Buch zum Film "Der Baader Meinhof Komplex" (Hamburg: Hoffmann und Campe) nach Stefan Austs RAF-Standartwerk, der von ihrem Ehemann Bernd Eichinger produzierte und bei dem Uli Edel Regier führte. Der Text ist HIER nachzulesen.
Am 28. Juni erreichte die Screenshot-Redaktion dann diese E-Mail, die hier unkommentiert und vollständig wiedergegeben wird:
Lieber Bernd Zywietz,
gerade hat mir jedmand den Link zu Ihrem Screenshot Blog über mein Buch "Der Baader Meinhof Komplex - das Buch zum Film" geschickt. Ich habe mich wirklich gefreut, dass Sie sich so viele Gedanken über mein Buch gemacht haben und möchte mich dafür ganz herzlich bedanken. Die Sache ist ja nun schon eine Weile her, aber es war interessant, durch Ihren Blog noch einmal an diese Zeit erinnert zu werden.
Zu Ihrem Text: Natürlich haben mein Mann, meine Freunde und ich darüber gelacht, dass ich ("die Produzentengattin"!!!) nun das Buch zum Film zum Buch schreibe. Und natürlich war mir klar, dass das ein heikler Balance Akt werden würde. Warum ich das Buch trotzdem geschrieben habe, obwohl ich wusste, dass die die Feuilleton-Polizei mich höchst wahrscheinlich verhaften würde? Weil, wenn ich ständig darüber nachdenken würde, was andere Leute von mir und meinen Handlungen halten, ich wahrscheinlich immer noch in Kassel hocken und vom Leben träumen würde. Und weil meine intellektuelle Heimat das British Film Institute ist, wo ich bei Laura Mulvey ("Visual Pleasure & Narrative Cinema") und Colin McCabe ("Principles of Realism & Pleasure") gelernt habe, was Denken bedeutet. Und so sehr ich Mulvey und McCabe auch schätze, ihre Herangehensweise der Textual Analysis hat mich niemals befriedigt - da hat mir immer die Seite der Filmemacher gefehlt. Letztendlich habe ich das Angebot, ein Begleitbuch zum Film meines Mannes angenommen, um den Entstehungsprozess dieses Filmes, der uns alle sehr aufgewühlt hat, festzuhalten und um Akademikern wie denen am BFI mehr in die Hand zu geben, als ein paar runtergerotzte Interviews, die im Rahmen eines Junkets entstanden sind. Filmemachen ist so ein bizarrer Vorgang, ein Vortex der Gefühle - es ist schwer, später nachzuvollziehen, was da wirklich mit einem passiert ist. Mittlerweile steckt mein Mann und Uli Edel schon wieder tief im nächsten Projekt und die Erinnerung verblasst so schnell. Und ich wollte das Erinnern nicht den Feuilletonisten überlassen.
Es gibt einen sehr schönen, sehr subjektiven Text von David Hare mit dem Titel "Berlin" über seine Erfahrungen während der Dreharbeiten zu "Der Vorleser" und seine Gedanken zum Thema Berlin, Schuld und Vergangenheitsbewältigung. Ich musste wesentlich zurückhaltender schreiben. Denn ich bin nicht David Hare, ich bin die "Produzentengattin" und das Letzte, was der deutsche RAF Diskurs noch brauchte war, dass "die Frau vom Eichinger" nun auch noch ihren Senf dazu gibt. Und überhaupt, das Ansinnen war ja nicht, sich artig hinten an die lange RAF-Schlange von Alexander Kluge & Co. anzustellen - damit dann auch noch der letzte heimliche Adorno-Jünger wissend mit dem Kopf nickt und einen dann doch in die Tonne tritt. Wie langweilig wäre denn das?! Und Langeweile, das denke ich sehen Sie ähnlich, ist wohl das Letzte, was man seinen Lesern bzw. Zuschauern zumuten will. Die Pedanterie des Fernsehens, den Zuschauer wie eine alte Oma über die Straße zu führen und ihm genau zu erklären, was er zu denken hat, kennen wir zu genüge.
Es geht nicht darum, es allen recht zu machen. Es geht nicht darum - wie Ulrike Meinhof sagen würde - "die richtigen Sachen" zu predigen. Es geht darum, Geschichten zu erzählen und mit diesen Geschichten, dem Zuschauer eine Gedankenwelt zu eröffnen, die er möglicherweise bisher nicht gekannt hat.
Alles andere ist protestantischer Blödsinn und schlechtes Kino.
Wie gesagt, ich habe mich sehr über Ihren Beitrag gefreut und die Mühe, die Sie sich gemacht haben, mein Buch zu lesen und darüber zu berichten.
Ich würde mich freuen, wenn sich dieser intellektuelle Austausch bei Gelegenheit fortsetzen würde.
Herzliche Grüße
Katja Eichinger