08.12.2014
SPIEGEL-TV-Bericht über Denis Cuspert
Denis Cuspert, vormals als Gangsta-Rapper "Deso Dogg" in Berlin-Kreuzberg unterwegs, gilt nun unter dem Kampfnamen Abu Talha al-Almani als einer der führenden Propaganda-Köpfe des "Islamischen Staats". Vor allem wird das ehemalige Mitglied des hierzulande verbotenen Millatu-Ibrahim-Netzes als Wegbereiter und treibende Kraft hinter der westlich orientiertem und speziell deutsprachigen Propaganda des "Kalifats" eingeschätzt. In Werbevideos des IS ist Cuspert selbst immer wieder aufgetreten und war zuletzt Anfang November in einem Anti-IS-Gräuel-Clip zu sehen, der ihn mit Massakern in der syrischen Provinz Deir al-Sor in Verbindung bringt.
Nachdem der SPIEGEL in seiner Ausgabe 47 (17. November) dieses Jahres in der Titelgeschichte um den "Dschihad-Kult" neben anderen Jihadisten aus Deutschland Cuspert porträtierte, ist nun auf SPIEGEL TV der entsprechende Beitrag dazu zu sehen.
SPIEGEL-Print- wie -TV-Bericht stützen sich übrigens - wie andere Beiträge zu und über Cuspert - auf eine "Lageanalyse" zu Cuspert des Berliner Verfassungsschutzes, die der Innensenator seit Anfang September als PDF HIER zur Verfügung stellt.
Den fast 8-minütigen SPIEGEL-TV-Beitrag finden Sie HIER.
zyw
21.11.2014
Kriterienkatalog: Was kennzeichnet (Hass- u. Hetz-)Propagandavideos?
Das Neue Potsdamer Toleranzedikt e.V. hat die Kampagne "Die Erben der Rose"(unter dem Motto: Stoppt Hass-Propaganda! Erst prüfen, dann teilen") gestartet - die bundesweit erste Kampagne gegen die Verbreitung von Hass-Propaganda in den sozialen Netzwerken. Unterstütz von einer Vielzahl an PolitikerInnen und gefördert u.a. durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, möchte sie Nutzer von Facebook & Co. auffordern, "sich nicht zum Handlanger viraler Hetze im Netz machen zu lassen."
Für den Webauftritt, der auch Fallbeispiele bietet, habe ich einen kommentierten Merkmalskatalog erstellt, der in entsprechend redaktionell bearbeiteter Form unter der Rubrik "Was ist Hass-Propaganda?" zu finden ist. Relevant ist dieser natürlich auch für jegliche Form der filmischen Propganda, auch die außerhalb des Netzes.
Den ausführlichen kommentierten Text dazu, der einen Überblick wie auch eine Handreichung für eine systematische Untersuchung darstellen soll, finden Sie mit freundlicher Erlaubnis des Neuen Potsdamer Toleranzedikts e.V. HIER als pdf-Datei zum Herunterladen. Der Text darf unter Nennung der Quelle und des Autors sowie mit Hinweis auf die Kampagne „Die Erben der Rose“ (www.stoppt-hasspropagand.de) ohne Änderung für nichtkommerzielle Zwecke ganz oder in Auszügen weiterverbreitet werden.
(zyw)
17.11.2014
Tipp: "Benutzerfreundliche Grausamkeit" (DRadio Kultur)
Erneut wurde eine US-Geisel des IS enthauptet, wieder gibt es ein Video dazu. Und einmal mehr wird u.a. in den Web-Kommentaren gefragt (bzw. großmundig selbst die Antwort geliefert): Macht man sich nicht mit den Propagandisten gemein, wenn man darüber berichtet? Sind wir nicht "irgendwie" mitschuldig daran, weil wir all die ästhetischen Möglichkeiten u. Standards (Inszenierung "wie in Hollywood"), überhaupt ja auch das Internet geliefert haben?
Zeit, den 7-minütigen Breitband-Beitrag (DRadio Kultur) mit dem provokanten Titel Benutzerfreundliche Grausamkeit. Die medialen Aktivitäten des Islamischen Staat anzuhören, in dem Schriftsteller Clemens J. Setz, der sich in seinem ZEIT-Artikel "Das grelle Herz der Finsternis" (Nr. 40/2014) im September mit der IS-Webpropaganda befasste, dazu klar Stellung bezieht. Auch was die westliche Intellektuellen-Lust an Selbstbezichtigungen anbelangt.
Zeit, den 7-minütigen Breitband-Beitrag (DRadio Kultur) mit dem provokanten Titel Benutzerfreundliche Grausamkeit. Die medialen Aktivitäten des Islamischen Staat anzuhören, in dem Schriftsteller Clemens J. Setz, der sich in seinem ZEIT-Artikel "Das grelle Herz der Finsternis" (Nr. 40/2014) im September mit der IS-Webpropaganda befasste, dazu klar Stellung bezieht. Auch was die westliche Intellektuellen-Lust an Selbstbezichtigungen anbelangt.
20.10.2014
Doku-TIPP: MEIN BRUDER DER ISLAMIST (2011) und TERRORIST (2014)
Dokumentarist Robb Leech erfuhr 2009, dass sein Stiefbruder Richard Dart zum Islam konvertiert war und sich der heute verbotenen „Islam4UK“-Gruppe angeschlossen hatte. Mit der Kamera versuchte Leech daraufhin, diese Entscheidung zu verstehen und einen Einblick in die Welt der Fundamentalisten zu erhalten. Das Ergebnis war die 2011 der ausgestrahlte Doku MY BROTHER THE ISLAMIST. Zwei Jahre später gab BBC Three eine Fortsetzung in Auftrag – MY BROTHER THE TERRORIST (nicht zu verwechseln mit dem mazedonischen Film KAKO UBI SVETEC von Teona Strugar Mitevska aus dem Jahr 2003). Denn Dart alias Salahuddin war 2013 wegen Vorbereitung einer terroristischen Tat zu sechs Jahren Haft verurteilt worden: Zusammen mit Imran Mahmood und Jahangir Alom war er nach Pakistan gereist, um sich dort zwischen Juli 2010 und Juli 2012 ausbilden zu lassen. Kurz nach ihrer Rückkehr vor den Olympischen Spielen 2012 wurden die drei verhaftet.
Leech (r.) u. Salahuddin (Quelle: ZDF) |
Leechs beide privatmotivierte Exkursionen nach „Londonistan“ als Zeugnisse einer speziellen Suchbewegung (inklusive Interview mit Extremisten-Führer Anjem Choudary) liefen nun in der deutschen Fassung (MEIN BRUDER, DER ISLAMIST und MEIN BRUDER, DER TERRORIST, je ca. 45 Minuten) am 15.10. auf ZDFinfo – und sind entsprechend noch HIER samt weiteren Informationen zu finden bzw. anzusehen.
zyw
07.10.2014
Zu Hans Christoph Buchs "Jihadisten-Zeigefinger"
Auf Deuschlandradio Kultur kommentiert der Schriftsteller, Poet und Essayist Hans Christoph Buch den Zeigefinger der IS-Terrroristen - und interpretiert ihn dabei ausschießlich als mahnende-pädagogische Geste.
Das gerät ablehnend-moralisierend, funktioniert aber auch nur dann, wenn man den allgemein-religiösen Charakter der Geste außen vor lässt: Tauhīd bezeichnet den Glauben an die Einheit / Einzigartigkeit Gottes, der Zeigefinger ist das entsprechende (wortlose) Bekenntnis (siehe auch HIER).
Buchs Wortmeldung ist denn auch dreifach problematisch: Zum einen demonstriert es die verbreitete Unkenntnis (um nicht zu sagen: Ignoranz - oder einen Unwillen zur näheren Auseinandersetzung) in Sachen Symbolik, Glaubens- und Weltvorstellung samt Reglements von Islamisten.
Es zeigt zweitens, wie einfach eigene, "westliche" Lesarten und Werteverständnisse auf Islamisten und Jihadisten projiziert, mithin oktroyiert werden, obwohl diese sich gerade in gewissen Bereichen von diesen absetzen (wollen). Ein Fallbeispiel für die Postcolonial Studies.
Und - drittens - spielt man gerade so Islamisten, gerade auch den radikalen - in die Hände, wird doch eine etablierte, akzeptierte Geste als Teil der Shahada rein zur Robert-Lembke-Was-bin-ich?-"typischen Handbewegung" (s. Ch. Buch) von IS- und anderen Extremisten deklariert, damit en passant der Islam und seine religiöse Praxis - allen wohlfeilen gegenteiligen Beteuerungsdemonstrationen zum Trotz - doch nur einmal mehr auf ein überkommenes, antiaufklärerisches Glaubensvehikel für (potenzielle) Terroristen reduziert.
Sicher, Buch ist kein Islamwissenschaftlers oder Arabist, das Ziel seiner Attacke legitim und es geht im generell um das "Vorgehensweise der Einpeitscher und Demagogen". Aber so fahrlässiges Dahingedeute in Essayform sollte man aber doch nicht solchen Platz einräumen, wie es DRadio getan hat. Gerade, dass die IS-"Soldaten" im Namen Allahs wüten und sich auf den Islam berufen, mithin sich dessen Texte und Ausdrucksmittel bedienen, gebietet es nämlich, genauer hinzuschauen und zu differenzieren, wird man so - auch eigengesellschaftlich - der Herausforderung durch den "Islamischen Staat" und seine Attraktion für hiesige Gläubige und Konvertieten niemals Herr.
In diesem Sinne ist nämlich das Motto der Radikal-Islamisten "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns", das Buch ihnen attestiert, nämlich auch nur allzu "christlich" - sei es, was George W. Bush anbelangt der Jesus nach Matthäus (12,30).
zyw
27.09.2014
In eigener Sache: ZDFinfo-Doku "Die deutschen Gotteskrieger"
Ausgestrahlt am 26.9. findet sich HIER in der ZDF-Mediathek die ca. 30-min. ZDFinfo-Doku "Die deutschen Gotteskrieger - Töten und Sterben für Allah" von Susana Santina. Neben Guido Steinberg - eine große Ehre - darf auch ich in meinem Mainzer Büro etwas in Sachen Webpropaganda und -agitation beisteuern (s. Bild).
zyw
10.09.2014
In eigener Sache: WDR 5 - "Funkhaus Wallrafplatz"
Zusammen mit Patrick Uhe, Leitender Radakteur der ARD Tagesschau war ich, wenn auch nicht in Tagesform, vergangegen Samstag, 6.9., in der WDR 5-Sendung "Funkhaus Wallrafplatz" (Motto: "Medien(macher) im Gespräch) zu hören. Thema der Live-Call-in-Sendung "Die Grenzen des Erträglichen: Welche Bilder vom Krieg müssen wir sehen?"
Mehr Infos zur Sendung finden Sie HIER, die Sendungs selbst gibt als MP3-Datei zum Nachhören HIER.
zyw
06.09.2014
"Sotloff-Video" vorab geleaked
In meinem Beitrag zum "Sotloff-Video", dem terroristischen Enthauptungsvideo "A Second Message to America" hatte ich beschrieben, dass das Video zu dem der Foley-Ermordung trotz gleicher Dramaturgie und Darstellungsmuster deutliche qualitative Unterschiede aufweist.
Möglicherweise ist der Grund dafür jetzt bekannt: Nicht, dass die IS-Spitze etwa der Mediaabteilung nicht genügend Zeit zur Bearbeitung gelassen hätte - wie ein Beitrag der F.A.Z. von Lea Beiermann nun nahelegt, ist das Video schlichtweg vorab "geleakt".
"Auf justpaste.it, einer Plattform, die das Teilen von Inhalten ohne vorherige Registrierung erlaubt, entschuldigte sich der IS für die vorzeitige Herausgabe des Videos. Er bat seine Follower um Verzeihung - dafür, dass das Video 'vor dem offiziellen Zeitpunkt' in Umlauf kam."
Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie, befindet sich der "Islamische Staat" zum einem in derselben Position wie ein Hollywood-Studio, das mit seinen spektakulären Blockbustern ein internationales Publikum erreichen will, wobei diese als Raubkopien aber allzuschnell im Netz landen, aus dem sie dann nicht mehr so einfach herauszubekommen sind.
Dies hat, zum anderen, die Folge, dass IS wie seine Gegner im Westen, am selben Strang zogen, als es darum ging, die Verbreitung des "Sotloff-Video" einzudämmen: "Der IS konnte den Leak scheinbar nicht verhindern, doch den sozialen Netzwerken gelang es, die weitere Verbreitung des Videos radikal einzuschränken", so Beiermann in der F.A.Z.
Dass IS auch die Nachteile der schönen neuen Social-Media-Welt, die sie ansonsten für sich und ihre Propganda und Kommuniaton nutzt, zu spüren bekommt, ist allerdings nicht neu. Bekannt ist, dass manche Jihadisten im Überschwang mit ihren Handykameras eigenmächtig Bildmaterial verbreiteten (etwa die Hinrichtung von Christen in Syrien), die der "Islamische Staat" nicht so ohne weiteres in Umlauf gebracht sehen wollte.
zyw
Möglicherweise ist der Grund dafür jetzt bekannt: Nicht, dass die IS-Spitze etwa der Mediaabteilung nicht genügend Zeit zur Bearbeitung gelassen hätte - wie ein Beitrag der F.A.Z. von Lea Beiermann nun nahelegt, ist das Video schlichtweg vorab "geleakt".
"Auf justpaste.it, einer Plattform, die das Teilen von Inhalten ohne vorherige Registrierung erlaubt, entschuldigte sich der IS für die vorzeitige Herausgabe des Videos. Er bat seine Follower um Verzeihung - dafür, dass das Video 'vor dem offiziellen Zeitpunkt' in Umlauf kam."
Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie, befindet sich der "Islamische Staat" zum einem in derselben Position wie ein Hollywood-Studio, das mit seinen spektakulären Blockbustern ein internationales Publikum erreichen will, wobei diese als Raubkopien aber allzuschnell im Netz landen, aus dem sie dann nicht mehr so einfach herauszubekommen sind.
Dies hat, zum anderen, die Folge, dass IS wie seine Gegner im Westen, am selben Strang zogen, als es darum ging, die Verbreitung des "Sotloff-Video" einzudämmen: "Der IS konnte den Leak scheinbar nicht verhindern, doch den sozialen Netzwerken gelang es, die weitere Verbreitung des Videos radikal einzuschränken", so Beiermann in der F.A.Z.
Dass IS auch die Nachteile der schönen neuen Social-Media-Welt, die sie ansonsten für sich und ihre Propganda und Kommuniaton nutzt, zu spüren bekommt, ist allerdings nicht neu. Bekannt ist, dass manche Jihadisten im Überschwang mit ihren Handykameras eigenmächtig Bildmaterial verbreiteten (etwa die Hinrichtung von Christen in Syrien), die der "Islamische Staat" nicht so ohne weiteres in Umlauf gebracht sehen wollte.
zyw
05.09.2014
In eigener Sache: 3sat "Kulturzeit"-Beitrag zur IS-"Killer-Ästhetik"
Montag, dem 1. September, besuchte mich Benedikt Walter für 3sat-Kulturzeit in meinem Büro und drehte dort wie im einige Türen weiter gelegenen Studio des Medienzentrums der Uni Mainz einen Bericht, in dem ich einmal mehr Stellung zur IS-Videopropaganda nehme. Gerne danke ich Herrn Walter und seinem Team dafür, v.a. aber für die schnelle, professionelle und bei alledem auch noch unglaublich angenehme Arbeitsathmosphäre.
Die Beitragsseite auf der Kulturzeit-Site finden Sie HIER, den Beitrag selbst in der 3sat-Mediathek (aktuell noch) HIER.
03.09.2014
Zum "Sotloff-Video" / "A Second Message to America"
Wie beim Video "A Message to America", das die Hinrichtung des Journalisten Foley zeigt, ist nun bei dessen schrecklicher Fortsetzung, "A Second Message to America", sprich dem terroristischen Erpressungs- und Vergeltungsvideo, in dem Steven Joel Sotloff das Opfer ist, die problematische Frage der Verbreitung keine der Verfügbarkeit, sondern der Auffindbarkeit.
Auch diese "zweite Botschaft" wurde schnell aus zentralen, populären Quellen wie YouTube entfernt - gleichwohl kursiert das Video noch im Netz und ist auch auf Videoplattformen zu finden - wenn auch vor allem bei solchen nicht-westlicher Domäne.
Man kann es sich also anschauen, wenn man mag - und tatsächlich ist der Vergleich aufschlussreich. "A Second Message to America" wirkt gegenüber dem ersten Video erstaunlich schnell und "minderwertiger" produziert. So zynisch es klingt: Es erinnert an ein weitaus günstigeres Sequel, wie man es aus Hollywood zuhauf kennt, das mit weniger Aufwand und Können an den Erfolg des ersten Teils anknüpfen will und sich dabei weit weniger auch handwerklich gekonnt, an dessen Muster orientiert.
Zunächst ist festzustellen, dass die "zweite Botschaft" mit 2'24 gerade mal knapp halb so lange ist wie das Foley-Video (ca. 4'40). Auch hier haben wir zunächst einen Mitschnitt von Präsident Obamas Rede, doch diese gerät deutlich kürzer. Auch hier haben wir erst im Anschluss den Titel - aber die Buchstaben sind deutlich einfacher gehalten, deren Animation weniger rudimentär.
Generell wirkt das Video wie eilig hingeworfen entstanden oder zumindest fertiggestellt. Wie Foley kniet Sotloff im Wüstensand, doch sparen sich die Terroristen diesmal die Totale, sind direkt bei dem Journalisten, dem ebenso wie dem Henker, der nach dem Foley-Video hier seinen zweiten Auftritt hat (man kann ihn an der Stimme identifizieren), weniger Zeit eingeräumt wird. Sotloff trägt ebenfalls das Guantanamo-orangefarbene Hemd sowie ein Ansteckmikro (dessen Kabel nun unter dem Stoff verborgen ist). Doch die Tonqualität ist deutlich schlechter, der Wind rauscht.
Wieder zwei Kameras im Einsatz, in ähnlichen Positionen. Doch: Schlechtere Bildqualität, die vergleichsweise "fahrigen" Umschnitte: "A Second Message to America" bedient sich derselben Bildmotive, der gleichen Argumentationsmuster, einer identischen Dramaturgie. Ein gräßlicher Serieneffekt entsteht: Was im ersten Video angedroht wird, ist hier realisiert - die Tötung Sotloffs, den wir quasi schon aus "A Message to America" kannten; er ist sozusagen eingeführt - als Zuschauer hat man zu ihm als unseligen Mordopfer auf diese Weise allein über die Reihung ein anderes Verhältnis als zu anderen narrativ-"geschichtslosen" Gesichtern.
Aber dieses zweite Video wirkt bei aller kalkulierter Grausamkeit und taktischer Unmenschlichkeit verglichen mit dem ersten, mit dessen Ästhetik, dem präzisen Bildaufbau, dem akkuraten Montagehandwerk etc., merkwürdig "unsouverän", gehetzt - ein Abklatsch oder Imitat. Was verrät uns das? War IS-Medienarm al-Furqan unter (Zeit-)Druck, diktierten hier andere Notwendigkeiten oder Prioritäten - etwa militärischer oder kommunikationspolitischer Natur - den Verzicht auf (oder wenigstens Nachrangigkeit der) offiziöse Hochglanzästhetik, jene "Bildqualität", um die sich die Jihadisten bislang bei Statements von dieser Dimension und avisierten Reichweite bemühten?
zyw
SITE-Bericht zum Sotloff-Enthauptungsvideo / Florian Flade zum Foley-Video
Die SITE Intelligence Group (SITE steht für "Search for International Terrorist Entities") hat nicht nur als erstes vom Video berichtet, dass die Enthauptung von Steven Joel Sotloff zeigt, sondern die mündlichen Botschaften darin HIER transkribiert.
Das Video selbst, am 2. September verbreitet, ist die grausige "Fortsetzung" des Foley-Videos. Dieses hat sich auch Investigativ-Journalist Florian Flade genau angesehen und kann in einem Bericht seines Blogs Jih@d einige Unstimmigkeiten aufzeigen, die die Frage aufwerfen, ob Foley tatsächlich wie in dem Video impliziert, von dem vermummten britischen "Henker" getötet wurde. Indizien, dass sich die Tat anders abspielte sind, dass das Messer nach einer Bilddetailbetrachtung nicht mit der Schneide an den Halts des US-Journalisten angesetzt wurde sowie, dass das Messer in der Hand des Mörders nicht dasselbe ist, das schließlich neben dem Torso des Opfers im Sand zu sehen ist.
Dass Foley - wenn auch vielleicht von einer anderen Person und zu einem späteren Zeitpunkt - umgebracht wurde, ist jedoch nach wie vor anzunehmen, alleine, weil es m.E. für eine lediglich gestellte Hinrichtung durch die Gruppe "Islamischer Staat" keine sinnvollen Gründe gibt.
zyw
24.08.2014
Lesetipp: SPON-Beitrag "Blogger lokalisiert Terrorcamp via Internet"
In einem Spiegel-Online-Beitrag wird ausgeführt, wie der britische Blogger Eliot Higgins im Alleingang und mithilfe von Diensten wie Google Earth die genaue Position eines Trainingscamps der Gruppe "Islamischer Staat" in Mossul herausfinden konnte.
Dabei demonstriert Higgin, wie die Nutzung von Sozialen Medien für Extremisten wie die IS-Jihadisten nicht nur von Vorteil ist oder sein muss. Denn wie Higgins über u.a. Twitter verbreitete Bilder auswertet, nehmen sich auch Geheimdienste das derartig veröffentlichte Material zur Analyse vor. Wobei Higgins' Hilfsmittel selbst wiederum frei zugängliche Webservices waren - ein weiterer interessanter Aspekt in Sachen Terrorismus in Zeiten des Web 2.0.
zyw
Dabei demonstriert Higgin, wie die Nutzung von Sozialen Medien für Extremisten wie die IS-Jihadisten nicht nur von Vorteil ist oder sein muss. Denn wie Higgins über u.a. Twitter verbreitete Bilder auswertet, nehmen sich auch Geheimdienste das derartig veröffentlichte Material zur Analyse vor. Wobei Higgins' Hilfsmittel selbst wiederum frei zugängliche Webservices waren - ein weiterer interessanter Aspekt in Sachen Terrorismus in Zeiten des Web 2.0.
zyw
23.08.2014
In eigener Sache: Bericht in der "Allgmeinen Zeitung" zu (einem Teil meiner) Arbeit
Hier ein Bericht zu meiner Person und Arbeit (Website der Allgemeinen Zeitung, erschienen in der Printausgabe am 23. August 2014). Kleine Korrektur zum Inhalt: Das Foley-Video ist auf Liveleaks nach wie vor zu finden.
Foto: Sascha Kopp |
21.08.2014
Zum Video von James W. Foleys' Ermordung: Was sagt uns die "MESSAGE TO AMERICA"?
Ende 2012 wurde der
freischaffende Fotoreporter James W. Foley in Syrien verschleppt. Am 19. August
veröffentliche die „Terrormiliz“ Islamischer
Staat (IS), vormals ISIS, ein Video, das seine Enthauptung als Reaktion –
Drohung wie Vergeltung – auf die US-Luftangriffe im Irak zeigt. In
verschiedenen Medien, etwas auf Spiegel
Online, wurde zunächst von einer „behaupteten“ Hinrichtung gesprochen.
Tatsächlich sieht man, wie der schwarzgekleidete, vermummte Jihadist, der neben
dem knienden Gefangenen steht, das Messer ansetzt, zu schneiden beginnt –
woraufhin das Bild zum fürchterlichen Ergebnis wechselt: dem abgetrennte Kopf
auf dem Torso.
Es ist eine grausame
Aktion, zugleich eine deutliche und (betrachtet man das Video, das schnell
wieder von YouTube entfernt wurde) eine medial versiertes und schrecklich
effektives. Eines mit klarer Kontextualisierung, Botschaft und Adressierung. Zu Beginn des 4:40-Films wird in Arabisch und
Englisch auf schwarzem Grund eingeblendet:
“Obama authorizes military
operations against the Islamic State effectively placing America upon a
slippery slope towards a new war front against Muslims”
Daraufhin ist die
offizielle Ansprache (arabisch untertitelt) Barack Obamas zu sehen, in der er die
Autorisierung der Einsätze im Irak bekannt gibt (00:14 bis 01:40).
Bemerkenswert ist, dass die Verlautbarung des US-Präsidenten lange und
ungeschnitten präsentiert wird – seine Worte, so das Kalkül der Propagandisten,
sprechen für sich – keine Kommentierung, nur ein distanzierender Filter liegt
über den Aufnahmen aus dem Weißen Haus, horizontale Linien und gelegentliche
Videomaterialstörungen, ein „Rauschen“, das die Materialität der Bilder
kennzeichnet, es als Pressemeldung auch ästhetisch herausstellt.
Dies ist ein
interessanter Griff, weil auf der darstellungskonventionellen Höhe der Zeit –
derartige Markierungen von Aufnahmen als eben solche finden sich auch in
gängigen Spielfilmen. Mehr noch: mit
diesem Griff (und ohne eine Kommentierung etwa durch vermummte wütende
Terroristen) vertraut IS bzw. sein Medienarm al-Furqān Media, dessen Signet
zusammen mit der schwarzen IS-Flagge in der linken oberen Ecke des Bildes zu
sehen ist, ganz auf eine moderne
rezeptionsästhetisch geschulte Zuschauerschaft bzw. deren „Lesekompetenz“, auf das
Wissen von oder zumindest die Erfahrung mit verschiedenen Bildarten und
-materialitäten bzw. entsprechender imitativer Stilismen.
Dann ein Umschnitt auf
grau verwaschene Bilder, die aus einem Kampfflugzeug die Bombardierung von
Fahrzeugen bis hin zu einem weißen Lichtblitz zeigen, die „American Aggression against the Islamic State“ (so die Einblendung). Auch hier: US-Bildmaterial, das gegen
Amerika selbst gerichtet wird (schwarz wird die eigentliche
Publikationsquelleneinblendung abgedeckt).
Erst dann, nach einer
bedächtigen Abblende erscheint der Titel des Videos in stilvoller Schriftart:
„A MESSAGE TO AMERICA“, einzelne Buchstaben leuchten dezent auf. Auffallend
hier: die arabische Übersetzung ist nur klein und abgedunkelt unter diesem Zug
zu sehen. Eine Überblendung, und erst jetzt, zum Beginn der dritten Minute sind
wir bei dem mit weiten Hemd und Hose (in Guantanamo-Orange) im Wüstensand
knienden 40-jährigen Foley, dessen Hände offenbar auf dem Rücken
zusammengebunden sind. Dabei trägt Foley ein Ansteckmikrofon. Neben ihm ein bis
auf beige Halbstiefel und braunes Schulterhalfter schwarz gewandeter,
vermummter Mann, der Henker, in lockerer, fast überlässiger Pose. Beide schauen
sie in der Totalen direkt in die Kamera.
Foley wendet sich an
seine Freunde, die Familie und Geliebten. Seine Stimme ist fest, während er sie
dazu aufruft, sich gegen seine „real killers“
zu wenden: „die US-Regierung“. Eine transparente Texteinblendung identifiziert
ihn mit Namen, keine Verhöhnung, keine abwertende Titulierung. Das Profilfoto
eines US-Soldaten mit Sonnenbrille und Flecktarnjacke schiebt sich ins Bild
(abgelöst von einem weiteren), die Videobotschaft zeigt Foley und seinen
Bruder, der Mitglied der US-Air Force ist, in einem Split Screen (oder ist das Bild doch Foley selbst?). Wobei erst,
nachdem das Foto verschwunden ist, Foley den Luftwaffensoldaten anspricht: „Think about what you are doing“. Er
solle an die Leben denken, die er zerstöre, inklusive die seiner eigenen
Familie. „Think John.“ Und: „I
died that day, John, when your colleagues dropped that bomb […]”. Dabei wechselt elegant,
„unsichtbar“, die Perspektive mit einer sehr kurzen Überblendung - während des
Satzes – in eine andere Position, „springt“ heran, zeigt die beiden Männer von
rechts, wie sie nun nicht mehr uns direkt anschauen, sondern an uns vorbei –
zwei Kameras wurden für die Aufnahmen parallel verwendet.
Foley erklärt, er
würde gerne leben, seine Familie wiedersehen. „But that ship has sailed“.
Minute 3:22, dieselbe
Position ein kleine, kaum wahrnehmbarer Schnitt, kaschiert mit einer kurzen
Überblendung, ein fast unmerklicher Jump-Cut: Dieselbe Position, dieselbe
Perspektive, nur Foleys Kopfhaltung verändert sich leicht, zeigt an, dass
innerhalb der Einstellung Zeit vergangen ist. Wurde seine letzte Botschaft
gekürzt, hat er sich versprochen, sagte er etwas, das seinen Peinigern nicht
passte?
Dann eine schnelle
Schwarzauf- und abblende, wieder frontal aufgenommen: Foley, der zuvor zwar fast
zu lächeln schien (dabei aber nur Mund und Augen gegen die blendende Sonne verzog),
schaut angespannt, die Lippen fest aufeinandergepresst, sich wappnend gegen
das, was kommt. Derweil sein Henker, ein Messer in der einen Hand, die andere
auf der Schulter des Opfers, das Wort ergreift, mit brüchigem, aber guten,
britisch gefärbten Englisch spricht. „This
is James Wright Foley. A American citizen of your country“ (beim letzten
Satz deutet er mit dem Messer in die Kamera). Wechsel zurück zu Kamera 2;
Anklage gegen die direkt adressierte Regierung bzw. „your government“, Vorwürfe wegen der „air strikes“, die unter
Muslimen zu Opfern führten. Kein Aufstand werde mehr bekämpft, „wir sind eine
islamische Armee und ein Staat“, der von einer großen Zahl Muslime weltweit
akzeptiert werde. Dann wird Osama direkt angesprochen: Jede seiner Aggression
werde resultieren im „bloodshed of YOUR
people.“ (Wieder ein deutendes Richten zur Kamera hin).
4:20: Ein kurzer
Umschnitt, der Vermummte hinter Foley, tritt heran, legt die linke Hand an dessen
Kinn, hebt das Messer …
Wir sehen nicht viel
von dem Mordakt, dennoch zuviel – schließlich: den abgetrennten, blutigen Kopf
auf dem Rücken. Nach einer weiteren Auf- u. Abblende präsentiert der „Henker“
ein weiteres potenzielles Opfer, ebenfalls kurzgeschoren, ebenfalls in
orangefarbener Kluft. „Steven Joel Sotloff“ erklärt die Einblendung – der vermutlich
seit August 2013 vermisste TIME-Journalist. „The life of this American citizen, Obama,
depends on your next decision.”
Das Bild gefriert
kurz, “grisselt” kurz, schnurrt zu einem Lichtpunkt zusammen wie bei einem
alten Fernseher, wird “ausgeschaltet”. Hier, ganz zum Schluss, markiert IS die
eigenen Aufnahmen als eben solche – und stellt sie (bzw. sich) damit auf
dieselbe medial-kommunikative Stufe wie die Erklärung des US-Präsidenten zu
Beginn (bzw. mit diesem). IS behauptet Augenhöhe mit der US-Regierung.
Die detaillierte
Beschreibung des Videos, auch wenn sie ohne die Bilder und Töne selbst
auskommen will: Entwürdigt sie das Opfer, James W. Foley, nicht ein weiteres
Mal; verdoppelt sie nicht in gewisser Weise die terroristische Tat, in der
Tötung und deren schockierende, erpresserische Medialisierung bzw. mediale
Verbreitung zusammenfallen? Ja, vielleicht, und alle Reflexion, (Selbst-)Kritik
und Distanzierung helfen da kaum.
Die genaue
Betrachtung, gar Analyse aber ist relevant weil aufschlussreich, sei es, was
die Argumentationsstruktur anbelangt, die verbal- oder die
filmisch-rhetorischen Mittel. Nicht nur behauptend, sondern auch anschaulich, impliziert
selbstevident wird über das Material der Presseerklärung und des
Militäreinsatzes das jüngste US-Engagement im Irak als Aggression ausgewiesen,
das mit Foleys Tod beantwortet, gerächt und möglichst für die Zukunft
unterbunden werden soll.
Bemerkenswert, wie
dabei die Worte von Präsident Obama ganz für sich stehen gelassen wurden, die
die Flugangriffe als Schutzmaßnahme für US-Bürger und als humanitäre Operation
bezeichnen, ohne unmittelbar Relativierung und sonstige direkte Gegenrede
vonseiten der IS-Jihadisten. Auch ist die Adressierung sehr spezifisch – nicht
die USA insgesamt werden verurteilt, sondern die Regierung und speziell Obama
persönlich.
Was den großen Gestus
der Terroristen freilich untergräbt und das Enthauptungs- und Erpressungsvideo in
seinem archaischen moralisierenden Auge-um-Auge-Anspruch als schlichte,
unmenschliche und zugleich höchst profane Charade entlarvt, ist der Umstand,
dass IS zuvor von den USA für Foley mehrere Millionen Dollar als Lösegeldverlangt haben. (Die Frage, ob die USA darauf hätten eingehen sollen oder
nicht, stellt sich natürlich, kann hier aber nicht verfolgt werden.)
Beängstigend jedoch,
dass die „Medienprofis“ des IS offensichtlich genau kalkulierten, wieviel der
Grausamkeiten sie direkt abbilden (wollen/können) – und damit selbst
Bewusstsein dafür demonstrieren, was die Barbarei des Enthauptens anbelangt,
zumindest aus Sicht westlicher Augen und der Weltöffentlichkeit überhaupt.
Dieses (vielleicht zynische) Eingeständnis potenziert nicht nur die kaltblütige
Brutalität der Mordtat, sondern auch die kraftmeiernde Demonstration einer
(hier als quasi „notwendig“ und „geboten“ geframten) Konsequenz auf Seiten der
Täter als Verurteilende, Strafende (zu verstehen als Subkategorie jihadistischer
Streiter).
Perfide emotional ist
Foleys Ansprache an die Familie und seinen Bruder, die bei aller – ebenfalls
schauerlicher – Wohlgesetztheit der Worte, welche ihm auf perverse Weise eine
gewisse Würde belässt, gleichwohl nicht ihm direkt zuzuschreiben ist, sondern
als Vorformulierung oder aber Manipulation seiner Entführer und schließlich
Henker aufzufassen ist.
Von besonders Wirkung
ist die Rolle von Foleys Bruder als Soldat, denn die Wahl Foleys als Opfer bekommt
damit eine doppelte Bedeutung. Nicht nur allgemein und abstrakt wird er als
Büßender für die „Untaten“ seiner Landleute ausgewählt: Was in Spielfilmen oftmals
konstruiert wird, um Übertragenes konkret zu machen (etwa in Ken Loachs THE
WIND THAT SHAKES THE BARLEY, in dem die Spaltung der irischen
Befreiungsbewegung in den 1920ern ebenfalls an zwei Brüdern sinnbildlich und
emotional eingängig, fast gleichnishaft exemplifiziert wird), ist hier
„Wirklichkeit“: Foley stirbt für eine Bruder(mit)schuld, die besonders in jenen
Regionen, in denen Stammes- und Familienbande ein noch weitaus größere Rolle
spielen als es in Europa und Nordamerika gemeinhin heute der Fall ist, so
symbolträchtig und eingängig sein mag.
Eindringlich ist auch
die Wendung, dass die Bombardierung Foleys (bereits) beendet hat, sein
Todesurteil bedeutete. Das weist die Schuld nicht nur den USA für diese
Hinrichtung zu, sondern erklärt letzteres für eine nachgerade unabweisbare
Folge, entschuldigt seine Mörder, legitimiert sie gar und mehr noch: weißt sie
aus als Aktanten einer Art von göttlichem Schicksal. Dies ist insofern
interessant, als das religiöse Verweise und Anrufungen ansonsten dahingehend
fehlen – Foleys „Hinrichtung“ ist ganz und gar säkular zu verstehen (bzw.: verständlich).
Von besonderer, neuer
Qualität ist schließlich das Video selbst; man mag es kaum sagen, aber es ist
in höchstem Maße ästhetisch und hochwertig produziert, mit erkennbaren
Ambitionen und merklichem Aufwand dahingehend. Es ist kein herkömmliches
Statement, keine simple Dokumentation und Botschaft, wie man sie bislang
vornehmlich fand, mit einer einzigen statischen Aufnahme in einem Kellerloch,
vor dem die erbarmungswürdigen Opfer vor der Fahne der jeweiligen Gruppierung
kniet und seinem Ende entgegensieht. A MESSAGE TO AMERICA ist als eigener mehraktiger
Kurzfilm im aktuellen Stil von IS produziert; wie bei zeitgenössischen
populären Filmen und TV-Serie bekommen wir eine Vorsequenz (Obamas Ansprache u.
die Luftaufnahmen), ehe der Titel eingeblendet wird. Der Einsatz von zwei
Kameras und eines Ansteckmikrofons, das Foleys Stimme klar und deutlich
aufzeichnet, die Durchdramaturgisierung mit ihrem kombinatorischen abgestimmten
Einsatz unterschiedlichen filmischen Materials, die wohlgestalteten,
zurückgenommenen Inserts, die sorgfältigen Montage und Blenden, aber auch die
Bild- und Farbgestaltung – Foley in orangefarbener Kleidung vor gelben Dünen
und blauem Wüstenhimmel: Es ist diese Professionalität, gar Schönheit (eine,
die das Video in seinen einzelnen Elementen und deren Zusammenspiel in den
Bereich aktueller westlicher TV-Inhalte, deren stilistischer Vorgaben und
ansprechenden Designs rückt), die das Video jenseits seines schrecklichen
Inhalts so unerträglich und provozierend macht. Es ist ein Video, das formal-
und rezeptionsästhetisch anspricht, das zum einen sein avisiertes westliches
Publikum mit seinen Sehgewohnheiten und Erwartungen an Mediengestaltung auf der
Höhe der Zeit abholt wie – auf der anderen Seite, die der Täter – von einem hohen
Wissen und souveränen Handwerk nicht nur auf technischem Level zeugt. Der bis
noch vor kurzer Zeit beobachtbare bisweilen schwülstige Ornamentalik, das
selbstverliebte Spiel mit (Bewegt-)Bild und Toneffekten, Animationen und Grafiken,
etwas, dem man schnell klischeehaft etwas „Oriental(istisch)es“ zuschrieb – das
alles ist hier nicht zu finden. Auch das macht das Video derart unsäglich und
besorgniserregend.
Schließlich bedeutet
A MESSAGE TO AMERICA eine neuartige „Qualität“. Durchästhetisierte Filme und
grauenvolle Aufnahmen fand man aus den „PR“-Werkstätten des IS vor allem in
diesem Jahr bereits: abgeschlagene Köpfe auf einem Zaun in Rakka, der „Hauptstaat“
des nun ausgerufenen Kalifats, Massen- und Einzelexekutionen per Genickschuss,
ausgestellte Leichen, bei denen ebenfalls schon intern selbstzensiert wurde, insofern
man beispielsweise Teile des Körpers „blurrte“, um vermutlich etwa
Verstümmelungen im Genitalbereich zu kaschieren. Diese Videos waren allerdings
Dokumentationen von Kampfhandlungen, Säuberungsaktionen, Vergeltung und
Bestrafung. In dem High-Value- und Erfolgsfilm KLIRRENDE SCHWERTER Teil (oder
Version) 4 (SALIL AL-SAWARIM), der Mitte März veröffentlicht wurde, achten die
Jihadisten darauf, die von ihnen Getöteten per Inserts, in Wort, Bild oder
Schrift, u.a. qua „Foto-Beweise“, als legitime „Kriegsgegner“ bzw. „-verbrecher“
auszuweisen und die Gewalt gegen sie zu rechtfertigen, wenn nicht gar zu
rationalisieren. Als solche sind die Bluttaten denn auch keine Inszenierung
rein für die Kamera, wie es nun im Fall der Enthauptung Foleys der Fall ist.
Während die Tötung von aufgespürten oder abgefangenen feindlichen Milizionäre
und Kämpfern des irakischen Staates oft vor allem insofern, als Terror zu
werten ist, als IS aus einer Machtpositionen heraus handelt, ist nun A MESSAGE
TO AMERICA der Art nach als kommunikative Gewalt Terrorismus bzw. terroristisch
dem strategischen, historischen und kalkulatorischen Charakter nach. Es
widerspricht, bei aller Verteidigungsgeste nach außen (sprich: in Richtung USA)
ein Stückweit dem aktuellen Bestreben, IS das Image eines konsolidierenden
Staates (und damit als ordnend) zu verleihen. Foleys Enthauptung vor der Kamera
– und möglich ist, dass dereinst auch Material durch dunkle Kanäle des
Internets sickern wird, das die komplette, ungekürzte Tat zeigen – ist so
gesehen ein Rückfall in alte Zeiten, in jene des IS-Vorläufer-Gründervaters Abu
Musab az-Zarqawi, da 2004 vor laufender Kamera dem US-Amerikaner, ebenfalls
bereits in signalhafter orangefarbener Kluft, Nicholas Berg der Kopf abgetrennt
wurde.
Nur eben, dass heute,
zehn Jahre später, der Terrorismus medial in Sachen Gestaltungs- und Wirkungsbewusstsein
und -willen dramatisch weiterentwickelt ist.
Bernd
Zywietz
07.08.2014
In eigener Sache: Bericht in der FAZ (Rhein-Main Zeitung)
Quasi im Nachgang zum Weltspiegel-Bericht hat Sascha Zoske von der F.A.Z./Rhein-Main-Zeitung einen schönen Beitrag über meine Arbeit verfasst und mir erlaubt, ihn hier zu präsentieren. Erschienen ist er in der FAZ/RMZ (Hochschulseite) am 5. August 2014 auf S. 36. (Zum Vergrößern auf das Bild klicken).
zyw
zyw
29.07.2014
In eigener Sache: ISIS-Video-Propaganda ("Weltspiegel"-Beitrag)
Vor genau einer Woche war ich in Stuttgart, um beim dortigen SWR mit und für Auslandsredakteur Stefan Maier einen Beitrag für den ARD-"Weltspiegel" zum ISIS-Propagandavideo "Klirrende Schwerter 4" (Saleel al-Sawarim) aufzunehmen, das nicht zuletzt wegen seiner "technischen" Qualität besonderes Aufsehen erregt hat.
Vermittelt hat den Kontakt Frau Prof. Dr. Marschall von der Uni Tübingen, meine "Doktormutter", und so schaute ich mir das knapp einstündige (Mach-)Werk nochmals an, dem man eine gewisse Faszinationskraft und "Coolness" nicht absprechen kann: Die Drohnenrundumsicht über Falludscha, die Drive-by-Shootings. Manches Bildmaterial ist nicht neu, aber die Qualität, die die ISIS-Medienabteilung al-Furqan vorlegt, ist auf dem HD-Stand, wie man ihn freilich dank der enorm günstigen und leicht zugänglich wie bedienbaren Technik (Kamera, Schnittprogramme, oder eben die Drohne, wohl eine Parrot AR - für 300 Euro im Elektromarkt zu haben) nachgerade erwarten kann.
"Klirrende Schwerter" selbst können Sie sich in voller Länge und mit deutschen Untertiteln HIER ansehen, wobei ich mich trotz (oder gerade durch) Verlinkung von dem Video, seinem Inhalt und seinen Botschaften distanziere! Gleichwohl ist es ein wichtiges medienwissenschaftlich lohnenswertes Artefakt, das als solches - also nicht zuletzt kritisch-reflektiert - betrachtet werden sollte. Seien Sie außerdem gewarnt, manchen dürften einige Szenen verstören oder schockieren. Grässlich "Höhepunkt" dahingehend etwa: eine Enthauptung. Die Tat wird aber nur kurz gezeigt (das festgesetzte Opfer wird in seinem Schlafzimmer überwältigt), ebenso das Ergebnis. al-Furqan weiß bei diesem Video halbwegs, wieweit man gehen kann - da sind andere, weniger professionellere Streifen unerträglicher, vor allem weil noch zynischer, entwürdigender im Ausstellen der Opfer.
In Stuttgart wurde ich am vergangenen Dienstag in einem Abnahmeraum in unglaublich angenehmer Atmosphäre (Dank nochmals an Herrn Maier u. das ganze Team) zu dem Film, seiner Ästhetik und (möglichen) Wirkung bzw. Adressierung befragt. Das Ergebnis, den "Weltspiegel"-Beitrag "ISIS: Terror und Brutalität professionell inszeniert im Internet" (ausgestrahlt am 27.7.), können sie (noch) HIER in der ARD-Mediathek sehen (inkl. Textfassung).
Noch ein zwei Punkte zum Thema selbst:
Punkt 1:
Der Vergleich mit Hollywood, an dem sich ISIS angeblich orientieren, dem sie nacheifern, ein Vergleich und eine Bezugsverbindung, die etwa CNN aufmacht, sie halte ich für übertrieben und zugleich problematisch vereinfachend. Erstens ist „Klirrende Schwerter“ bei allen ästhetischen Finessen dann doch nicht so stilistisch "gut", sind die Unterschiede zum klassischen Hollywood-Erzählen zu groß, als dass man solchen spektakulären Gleichsetzungen folgen sollte.
Zweitens orientiert sich auch Hollywood und seine Filmemacher ja nun weitgehend an jenen Bildern, die ihnen die Krisen- u. Konflikt-„Wirklichkeit“ (bzw. Kameras vor Ort u. Medienstellen) liefern. Wenn sich „Klirrende Schwerter“ etwa optisch an Kathryn-Bigelow-Filmen wie THE HURT LOCKER oder ZERO DARK THIRTY orientierte (als müssten sich die Propagandisten am westlichen Unterhaltungskino schulen), dann übersieht das, dass diese Filme selbst wiederum sich eng an den (auch audiovisuellen) ihrer Sujet-Vorlagen orientierte, um möglichst authentisch nicht nur zu sein, sondern auch zu wirken.
So ist letztlich die Frage nach Henne und Ei, nach Vor- und Nachbild, nicht zuletzt deshalb unsinnig, weil – drittens – als Mittlerstelle zwischen Propaganda und Entertainment das Dokumentaristische / Dokumentierende, das Reportagehafte mit seinem jeweiligen Modus und Duktus mitzubedenken ist und – viertens – letztendlich alle drei „Gattungsformen“, zusammen mit Musikvideos, Computerspielen etc. (die sich ebenso gut wie „Hollywood“ in „Klirrende Schwerter“ wiederfinden oder entdecken lassen), sich zurückführen lassen auf übergreifende, bisweilen universelle Strategien und Praxen (film-)bildrhetorischer Art, relativ ungebundene Mittel und Methoden der Affizierung, der Emotionalisierung, des Bewegens, des Einbezugs.
Punkt 2:
Dass ISIS seit Juni nur mehr IS heißt, also lediglich „Islamischer Staat“, statt „Islamischer Staat im Irak und in (Groß-)Syrien“, dieser Umstand war und ist Herrn Maier wie mir klar. Aber – darin sind wir einer Meinung –: Zum einen muss man nicht je Umetikettierung von gerade solchen Gruppen mitmachen, zum andern ist „ISIS“ etablier(ter), klingt und spricht sich besser als ein bloßes „IS“.
Bei allem kritikwürdigen Erfolg in Sachen Selbstvermarktung (und was können sich Jihadisten dahingehend mehr wünschen als einen CNN-Beitrag über ihren Film?): Ihre Eigenbenamung war propagandatechnisch dann eher eine Rückschritt. (Soviel Ironie oder Sarkasmus darf u. muss hier vielleicht angesichts derartiger Filme und Gewalttaten "dahinter" sein.)
zyw
Vermittelt hat den Kontakt Frau Prof. Dr. Marschall von der Uni Tübingen, meine "Doktormutter", und so schaute ich mir das knapp einstündige (Mach-)Werk nochmals an, dem man eine gewisse Faszinationskraft und "Coolness" nicht absprechen kann: Die Drohnenrundumsicht über Falludscha, die Drive-by-Shootings. Manches Bildmaterial ist nicht neu, aber die Qualität, die die ISIS-Medienabteilung al-Furqan vorlegt, ist auf dem HD-Stand, wie man ihn freilich dank der enorm günstigen und leicht zugänglich wie bedienbaren Technik (Kamera, Schnittprogramme, oder eben die Drohne, wohl eine Parrot AR - für 300 Euro im Elektromarkt zu haben) nachgerade erwarten kann.
"Klirrende Schwerter" selbst können Sie sich in voller Länge und mit deutschen Untertiteln HIER ansehen, wobei ich mich trotz (oder gerade durch) Verlinkung von dem Video, seinem Inhalt und seinen Botschaften distanziere! Gleichwohl ist es ein wichtiges medienwissenschaftlich lohnenswertes Artefakt, das als solches - also nicht zuletzt kritisch-reflektiert - betrachtet werden sollte. Seien Sie außerdem gewarnt, manchen dürften einige Szenen verstören oder schockieren. Grässlich "Höhepunkt" dahingehend etwa: eine Enthauptung. Die Tat wird aber nur kurz gezeigt (das festgesetzte Opfer wird in seinem Schlafzimmer überwältigt), ebenso das Ergebnis. al-Furqan weiß bei diesem Video halbwegs, wieweit man gehen kann - da sind andere, weniger professionellere Streifen unerträglicher, vor allem weil noch zynischer, entwürdigender im Ausstellen der Opfer.
In Stuttgart wurde ich am vergangenen Dienstag in einem Abnahmeraum in unglaublich angenehmer Atmosphäre (Dank nochmals an Herrn Maier u. das ganze Team) zu dem Film, seiner Ästhetik und (möglichen) Wirkung bzw. Adressierung befragt. Das Ergebnis, den "Weltspiegel"-Beitrag "ISIS: Terror und Brutalität professionell inszeniert im Internet" (ausgestrahlt am 27.7.), können sie (noch) HIER in der ARD-Mediathek sehen (inkl. Textfassung).
Noch ein zwei Punkte zum Thema selbst:
Punkt 1:
Der Vergleich mit Hollywood, an dem sich ISIS angeblich orientieren, dem sie nacheifern, ein Vergleich und eine Bezugsverbindung, die etwa CNN aufmacht, sie halte ich für übertrieben und zugleich problematisch vereinfachend. Erstens ist „Klirrende Schwerter“ bei allen ästhetischen Finessen dann doch nicht so stilistisch "gut", sind die Unterschiede zum klassischen Hollywood-Erzählen zu groß, als dass man solchen spektakulären Gleichsetzungen folgen sollte.
Zweitens orientiert sich auch Hollywood und seine Filmemacher ja nun weitgehend an jenen Bildern, die ihnen die Krisen- u. Konflikt-„Wirklichkeit“ (bzw. Kameras vor Ort u. Medienstellen) liefern. Wenn sich „Klirrende Schwerter“ etwa optisch an Kathryn-Bigelow-Filmen wie THE HURT LOCKER oder ZERO DARK THIRTY orientierte (als müssten sich die Propagandisten am westlichen Unterhaltungskino schulen), dann übersieht das, dass diese Filme selbst wiederum sich eng an den (auch audiovisuellen) ihrer Sujet-Vorlagen orientierte, um möglichst authentisch nicht nur zu sein, sondern auch zu wirken.
So ist letztlich die Frage nach Henne und Ei, nach Vor- und Nachbild, nicht zuletzt deshalb unsinnig, weil – drittens – als Mittlerstelle zwischen Propaganda und Entertainment das Dokumentaristische / Dokumentierende, das Reportagehafte mit seinem jeweiligen Modus und Duktus mitzubedenken ist und – viertens – letztendlich alle drei „Gattungsformen“, zusammen mit Musikvideos, Computerspielen etc. (die sich ebenso gut wie „Hollywood“ in „Klirrende Schwerter“ wiederfinden oder entdecken lassen), sich zurückführen lassen auf übergreifende, bisweilen universelle Strategien und Praxen (film-)bildrhetorischer Art, relativ ungebundene Mittel und Methoden der Affizierung, der Emotionalisierung, des Bewegens, des Einbezugs.
Punkt 2:
Dass ISIS seit Juni nur mehr IS heißt, also lediglich „Islamischer Staat“, statt „Islamischer Staat im Irak und in (Groß-)Syrien“, dieser Umstand war und ist Herrn Maier wie mir klar. Aber – darin sind wir einer Meinung –: Zum einen muss man nicht je Umetikettierung von gerade solchen Gruppen mitmachen, zum andern ist „ISIS“ etablier(ter), klingt und spricht sich besser als ein bloßes „IS“.
Bei allem kritikwürdigen Erfolg in Sachen Selbstvermarktung (und was können sich Jihadisten dahingehend mehr wünschen als einen CNN-Beitrag über ihren Film?): Ihre Eigenbenamung war propagandatechnisch dann eher eine Rückschritt. (Soviel Ironie oder Sarkasmus darf u. muss hier vielleicht angesichts derartiger Filme und Gewalttaten "dahinter" sein.)
zyw
17.07.2014
CfP: 2. Fachtagung u. 15. Workshop des NTF
Zum vierzehnten Mal veranstaltet das Netzwerk Terrorismusforschung seinen Workshop, der zum zweiten Mal mit einer Fachtagung verbunden ist. Ersteres gibt vor allem NachwuchswissenschaftlerInnen Gelegenheit, die sich unanbhänging von der disziplinären Ausrichtung mit Terrorismus und politischer Gewalt wissenschaftlich befassen, ihre Projekte oder Ideen vorzustellen. Die Fachtagung wiederum präsentiert namenhafte Experten auf dem Feld der Terrorismusforschung und -bekämpfung mit Vorträgen und Diskussionen.
Besonderheit der 2. Fachtagung und des gekoppelten 15. Workshops ist die enge Kooperation des NTF e.V. mit dem Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK), was neben der Inter- oder Transdiziplinarität des Netzwerks auch das Interesse an der Verknüpfung von Theorie und (hier besonders: polizeilichen) Praxis betont. Entsprechend ist das Schwerpunktthema "Aktuelle Dimensionen der Terrorismusforschung: Entwicklungsformen und Grenzbereiche von Terrorismus und anderen Kriminalitätsphänomenen". Natürlich aber können wie sonst auch für den Workshop abweichende Vortragsthemenvorschläge eingereicht werden.
Die Veranstaltung, die neben dem BDK auch von der Konrad-Adenauer-Stiftung veranstaltet wird, findet vom 15. bis 17. Okt. 2014 in Wesseling bei Köln statt. Für den Workshop am 16. u. 17. sucht das NTF noch Beiträge, die Deadline dafür ist der 31. August.
Den gesamten Call for Paper finden Sie im Folgenden und HIER als PDF direkt von der Website des NTF.
*************
Call for Papers
Schwerpunktthema:
Aktuelle Dimensionen der Terrorismusforschung: Entwicklungsformen und Grenzbereiche von Terrorismus und anderen Kriminalitätsphänomenen
Ort und Zeit:
Die 2. Fachtagung und der 15. Workshop des Netzwerks Terrorismusforschung finden in enger Kooperation mit dem Bund Deutscher Kriminalbeamter und der Konrad-Adenauer-Stiftung vom 15. bis 17. Oktober 2014 in Wesseling bei Köln statt.
Für den 16. und 17. Oktober werden hiermit Workshop-Beiträge gesucht.
Zum Thema:
Terrorismus ist weder ein neues, noch ein statisches Phänomen. Im Gegenteil: Terrorismus und Extremismus befinden sich in stetigem, teilweise rasantem Wandel, was Begriffsbestimmungen und Grenzziehungen nicht immer leicht macht. Werden die gängigen Definitionen dem gegenwärtigen Stand und der absehbaren Entwicklung überhaupt noch gerecht? Welche Rolle spielen beispielsweise Organisierte Kriminalität und Kriegsverbrechen? Wo gibt es Symbiosen mit anderen Deliktsfeldern? Gibt es Sonderfälle von Terrorismus, die sich den bisherigen Definitionen und Grenzen entziehen? Und was bedeutet dies alles für Wissenschaft, Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben auf nationaler und internationaler Ebene?
Die Fachtagung und der Workshop des Netzwerks Terrorismusforschung bieten die Möglichkeit, auf gewohnt disziplinübergreifender Ebene die Veränderungen von Terrorismus und seine Verbindungen mit anderen Kriminalitätsphänomenen auszuloten. Zur Betonung und Vertiefung der Transdisziplinarität findet die Veranstaltung zusammen mit dem Bund Deutscher Kriminalbeamter und mit Unterstützung der Konrad-Adenauer-Stiftung statt.
Dabei ist der Workshop (16. und 17. Oktober) natürlich wie immer nicht nur auf den genannten Themenbereich beschränkt, sondern soll auch Raum für andere terrorismusbezogene Vorträge und Diskussionen bieten. Insbesondere Promovierende laden wir ein, ihre Projekte in diesem Rahmen vorzustellen.
Beiträge und Deadline:
Die Beiträge sollten einem Vortrag von ca. 30 Minuten Länge entsprechen. Im Anschluss ist jeweils eine Diskussion von maximal 30 Minuten Länge vorgesehen. Abstracts (ca. 500 Wörter) senden Sie bitte bis zum 31. August 2014 an stephan.humer(at)netzwerk-terrorismusforschung.org
Eine Tagungsteilnahme ohne eigenen Vortrag ist möglich, jedoch nicht kostenlos. Über die voraussichtlichen Kosten und die Buchungsbedingungen werden Sie zeitnah sowohl auf der Website des NTF als auch auf der Website des BDK informiert. Das Programm und weitere Informationen zum Workshop werden Anfang September bekanntgegeben.
Zum Netzwerk Terrorismusforschung:
Das Netzwerk Terrorismusforschung e.V. ist ein Zusammenschluss von knapp 500 WissenschaftlerInnen und ExpertInnen aus verschiedenen Disziplinen, die sich mit Fragen und Problemen des Themenbereichs Terrorismus und Terrorismusbekämpfung befassen. Es soll Kontakte schaffen und als Forum dienen für Ideen- und Informationsaustausch, zur Vorstellung von Projekten sowie deren gemeinsamer Initiierung, Planung und Realisierung. Das zentrale Werkzeug ist neben der Website und dem Mailverteiler der halbjährlich stattfindende Workshop sowie die seit 2013 in dessen Rahmen stattfindende Fachtagung. Hier können laufende wie abgeschlossene Arbeiten sowie Projekte präsentiert und diskutiert werden. Das Netzwerk Terrorismusforschung steht darüber hinaus Interessierten aus Medien, Verwaltung und Politik offen und bei Anfragen – z.B. für den Kontakt zu Experten bei spezifischen Fragen – zur Verfügung.
Kontakt:
Dr. Stephan G. Humer
Netzwerk Terrorismusforschung e.V.
stephan.humer(at)netzwerk-terrorismusforschung.org
http://www.netzwerk-terrorismusforschung.org
Besonderheit der 2. Fachtagung und des gekoppelten 15. Workshops ist die enge Kooperation des NTF e.V. mit dem Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK), was neben der Inter- oder Transdiziplinarität des Netzwerks auch das Interesse an der Verknüpfung von Theorie und (hier besonders: polizeilichen) Praxis betont. Entsprechend ist das Schwerpunktthema "Aktuelle Dimensionen der Terrorismusforschung: Entwicklungsformen und Grenzbereiche von Terrorismus und anderen Kriminalitätsphänomenen". Natürlich aber können wie sonst auch für den Workshop abweichende Vortragsthemenvorschläge eingereicht werden.
Die Veranstaltung, die neben dem BDK auch von der Konrad-Adenauer-Stiftung veranstaltet wird, findet vom 15. bis 17. Okt. 2014 in Wesseling bei Köln statt. Für den Workshop am 16. u. 17. sucht das NTF noch Beiträge, die Deadline dafür ist der 31. August.
Den gesamten Call for Paper finden Sie im Folgenden und HIER als PDF direkt von der Website des NTF.
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Call for Papers
2. Fachtagung und 15. Workshop von Netzwerk Terrorismusforschung (NTF) und Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK)
Schwerpunktthema:
Aktuelle Dimensionen der Terrorismusforschung: Entwicklungsformen und Grenzbereiche von Terrorismus und anderen Kriminalitätsphänomenen
Ort und Zeit:
Die 2. Fachtagung und der 15. Workshop des Netzwerks Terrorismusforschung finden in enger Kooperation mit dem Bund Deutscher Kriminalbeamter und der Konrad-Adenauer-Stiftung vom 15. bis 17. Oktober 2014 in Wesseling bei Köln statt.
Für den 16. und 17. Oktober werden hiermit Workshop-Beiträge gesucht.
Zum Thema:
Terrorismus ist weder ein neues, noch ein statisches Phänomen. Im Gegenteil: Terrorismus und Extremismus befinden sich in stetigem, teilweise rasantem Wandel, was Begriffsbestimmungen und Grenzziehungen nicht immer leicht macht. Werden die gängigen Definitionen dem gegenwärtigen Stand und der absehbaren Entwicklung überhaupt noch gerecht? Welche Rolle spielen beispielsweise Organisierte Kriminalität und Kriegsverbrechen? Wo gibt es Symbiosen mit anderen Deliktsfeldern? Gibt es Sonderfälle von Terrorismus, die sich den bisherigen Definitionen und Grenzen entziehen? Und was bedeutet dies alles für Wissenschaft, Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben auf nationaler und internationaler Ebene?
Die Fachtagung und der Workshop des Netzwerks Terrorismusforschung bieten die Möglichkeit, auf gewohnt disziplinübergreifender Ebene die Veränderungen von Terrorismus und seine Verbindungen mit anderen Kriminalitätsphänomenen auszuloten. Zur Betonung und Vertiefung der Transdisziplinarität findet die Veranstaltung zusammen mit dem Bund Deutscher Kriminalbeamter und mit Unterstützung der Konrad-Adenauer-Stiftung statt.
Dabei ist der Workshop (16. und 17. Oktober) natürlich wie immer nicht nur auf den genannten Themenbereich beschränkt, sondern soll auch Raum für andere terrorismusbezogene Vorträge und Diskussionen bieten. Insbesondere Promovierende laden wir ein, ihre Projekte in diesem Rahmen vorzustellen.
Beiträge und Deadline:
Die Beiträge sollten einem Vortrag von ca. 30 Minuten Länge entsprechen. Im Anschluss ist jeweils eine Diskussion von maximal 30 Minuten Länge vorgesehen. Abstracts (ca. 500 Wörter) senden Sie bitte bis zum 31. August 2014 an stephan.humer(at)netzwerk-terrorismusforschung.org
Eine Tagungsteilnahme ohne eigenen Vortrag ist möglich, jedoch nicht kostenlos. Über die voraussichtlichen Kosten und die Buchungsbedingungen werden Sie zeitnah sowohl auf der Website des NTF als auch auf der Website des BDK informiert. Das Programm und weitere Informationen zum Workshop werden Anfang September bekanntgegeben.
Zum Netzwerk Terrorismusforschung:
Das Netzwerk Terrorismusforschung e.V. ist ein Zusammenschluss von knapp 500 WissenschaftlerInnen und ExpertInnen aus verschiedenen Disziplinen, die sich mit Fragen und Problemen des Themenbereichs Terrorismus und Terrorismusbekämpfung befassen. Es soll Kontakte schaffen und als Forum dienen für Ideen- und Informationsaustausch, zur Vorstellung von Projekten sowie deren gemeinsamer Initiierung, Planung und Realisierung. Das zentrale Werkzeug ist neben der Website und dem Mailverteiler der halbjährlich stattfindende Workshop sowie die seit 2013 in dessen Rahmen stattfindende Fachtagung. Hier können laufende wie abgeschlossene Arbeiten sowie Projekte präsentiert und diskutiert werden. Das Netzwerk Terrorismusforschung steht darüber hinaus Interessierten aus Medien, Verwaltung und Politik offen und bei Anfragen – z.B. für den Kontakt zu Experten bei spezifischen Fragen – zur Verfügung.
Kontakt:
Dr. Stephan G. Humer
Netzwerk Terrorismusforschung e.V.
stephan.humer(at)netzwerk-terrorismusforschung.org
http://www.netzwerk-terrorismusforschung.org
17.06.2014
TIPP: Buch zum NSU-Fall von Stefan Aust und Dirk Laabs
Man kann von Stefan Austs Der Baader-Meinhof-Komplex halten, was man will – das 1985 erstmals aufgelegte Buch fungiert als ein, wenn nicht gar als das Standardwerk zur RAF und ihrer Geschichte, zumindest, was die erste und zweite Generation anbelangt. Nun hat Ex-Spiegel-Chefredakteur Aust zusammen mit Dirk Laabs, Journalist und TV-Dokumentarist (u.a. DIE FREMDEN IM PARADIES - WARUM GOTTESKRIEGER TÖTEN; diesen Film von 2006 können Sie sich HIER auf Vimeo ansehen) ein Buch zum selbsternannten „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) der mutmaßlichen Täter Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe veröffentlicht. Heimatschutz – Der Staat und die Mordserie der NSU ist nicht das erste zu dem Thema, momentan mit über 800 Seiten wohl aber das umfangreichste.
Auf FAZ.NET hat Nils Minkmar das Buch besprochen und lobt
es nicht zuletzt für die gebotenen Einblicke in die Gemengelage der verschiedenen
Geheimdienste, die sich mit dem Rechtsextremismus und den Morden der NSU
befassten oder hätten befassen sollen.
„Eine der größten
Leistungen dieses Buches ist es, auf die Lücken in der offiziellen Version
hinzuweisen, ohne gleich mit neuen Theorien aufzuwarten“, so Minkmar, und:
„[E]s es bleibt eines
der anklagenden Rätsel dieser Geschichte, wie drei gesuchte Menschen wohlig in
der Republik wohnen, urlauben und feiern können, in einer – dies anschaulich zu
machen ist eine der großen Leistungen des Buchs – von Spitzeln nur so
durchsetzten Szene, ohne dass jemand davon erfahren konnte, wenn er es denn nur
wollte.“
Heimatschutz – Der Staat
und die Mordserie der NSU ist im Münchner Pantheon Verlag erschienen (ISBN 978-3570552025)
und kostet als in der Hardcover-Ausgabe 22,99 €, als Kindle Edition 18.99 €.
Einen weiteren Artikel von Claus Christian Malzahn auf
welt.de zu dem Buch, das „trotz seiner Detailgenauigkeit vor allem die ‚unknowns‘“
präsentiert, finden Sie HIER.
zyw
12.06.2014
Tipp: Tagung “Medien – Krieg – Raum” (11.-13.07. in Erlangen)
Vom 11. bis 13. Juli 2014 die Tagung „Medien – Krieg – Raum“ am Institut für Theater- und Medienwissenschaft der Universität Erlangen statt. Organisiert wird die Veranstaltung von Prof. Dr. Lars Nowak. Die Veranstaltung ist frei, um Anmeldung wird gebeten - die entsprechende Facebook-Seite finden Sie HIER.
Zu Inhalt, Rahmen und Programm:
Dass Medien nicht allein der Repräsentation, sondern auch der Führung von Kriegen dienen, ist eine seit geraumer Zeit etablierte medienwissenschaftliche Einsicht. Nur am Rande hat man sich bislang jedoch mit den räumlichen Aspekten dieses internen Zusammenhangs von Krieg und Medien beschäftigt. Hierauf einen systematischen Fokus zu legen, nimmt sich deshalb die Konferenz Medien – Krieg – Raum vor, die anlässlich der aktuellen Jahrestage zum Ersten und Zweiten Weltkrieg von der Juniorprofessur für Medienwissenschaft der Universität Erlangen-Nürnberg im Rahmen des dort angesiedelten DFG-Forschungsprojektes Die Wissensräume der ballistischen Photo- und Kinematographie, 1860-1960 ausgerichtet wird.
Die geringe Beachtung, die bisherige Analysen militärischer Medieneinsätze dem spatial turn geschenkt haben, erstaunt umso mehr, als die wechselseitige Abhängigkeit von Krieg und Raum seit Sun Tsu zu den zentralen Themen des militärstrategischen Denkens gehört: Einerseits bildet der Raum insofern einen Gegenstand des Krieges, als militärisches Handeln nicht nur auf die taktische oder strategische Besetzung oder Beherrschung geographischer und sozialer Räume abzielt, sondern diese zugleich durch offensive wie defensive, materielle wie immaterielle Eingriffe massiv verändern kann. Andererseits stellt der Raum eine Bedingung militärischer Konflikte dar, weil jeder Krieg notwendigerweise an irgendeinem Ort ausgetragen werden muss. Zugleich können sich Kriegsschauplätze qualitativ wie quantitativ stark voneinander unterscheiden und dabei das Führen eines Krieges erschweren, erleichtern oder in anderer Weise beeinflussen. Denn ob auf dem Festland, auf der Oberfläche oder in der Tiefe des Meeres, in der Luft oder im Weltraum, ob in Wüsten, Bergen, Urwäldern oder Städten, ob in Außen- oder Innenräumen, ob in aktuellen oder virtuellen Räumen, ob innerhalb eines oder zwischen mehreren Staatsgebieten, ob auf lokaler oder globaler Ebene, ob in gehegten oder entgrenzten Räumen gekämpft wird, spielt eine entscheidende Rolle für den Verlauf und den Ausgang einer militärischen Auseinandersetzung. Auch können Fronten jahrelang an einem Punkt verharren oder sich mit rasanter Geschwindigkeit verschieben. Und schließlich wird das Schlachtfeld als Ort des eigentlichen Kampfgeschehens um Räume ergänzt, die zu diesem in vermittelten Beziehungen stehen, wie etwa die Kaserne, die Rüstungsfabrik oder das militärische Labor.
Die Räume, die Kriege beherbergen und zugleich von ihnen erzeugt werden, stehen aber ebenso in einem Interdependenzverhältnis zu den Medien. Denn zum einen müssen auch diese, wenn von ihnen militärisch Gebrauch gemacht werden soll, in den Räumen des Krieges lokalisiert sein. Dabei können auch die Medien bald an einen Ort gebunden sein, bald ihren Ort wechseln, bald an mehreren Stellen zugleich auftauchen, bald auf ganz bestimmte Lokalisierungen angewiesen sein. Sobald sie aber in einen Kriegsraum eintreten, sind sie stets einer erhöhten Gefahr von Störungen und Zerstörungen ausgesetzt, zu denen im Fall der Telekommunikationsmittel noch das aus der mangelnden räumlichen Begrenzbarkeit resultierende Risiko der Interzeption kommt. Zum anderen sind auch Kriegsräume – auf historisch je unterschiedliche Weise – sozial konstruiert, und zu dieser Konstruktion tragen neben Waffen- und Transporttechniken auch die unterschiedlichsten Medientechnologien bei: Übertragungsmedien verbinden entfernte Punkte und überbrücken damit räumliche Distanzen. Durch ihre steigenden Reichweiten und Geschwindigkeiten haben sie den militärischen Aktionsradius im Laufe der Geschichte immens vergrößert. Und wenn Kriege mittlerweile auch an Orten geführt werden, an denen dies früher nicht möglich war, so ist dies auch der räumlichen Flexibilität optischer und funktechnischer Kommunikationsmedien geschuldet. Speicher- und Beobachtungsmedien, wie Photo- und Kartographie, Teleskopie und Thermographie, Licht- und Schallmessverfahren, Radar und Sonar, erschließen Kriegsräume verschiedener Art und Größe der Wahrnehmung, indem sie ihre zeitlichen Veränderungen mittels Fixierung verräumlichen, bei variierenden Reichweiten Entfernungen und Hindernisse überwinden, Objekte vergrößern und verkleinern oder von der horizontalen in die vertikale Perspektive wechseln. Können auf diese Weise die Positionen, Bewegungen und räumlichen Formen von Objekten bestimmt werden, so sind freilich noch andere spatiale Wirkungen zu beobachten, wenn beispielsweise Karten aufgrund ihrer Distanz und Aufsicht den Raum abflachen, dezentrieren und entleeren oder wenn Radarsysteme eigene virtuelle Grenzen errichten. Computer schließlich werden nicht nur für die Archivierung und Auswertung der von Beobachtungsmedien gelieferten Raumdaten, sondern auch für Simulationen von Schlachtfeldern benutzt, die bald der Ausbildung einzelner Soldaten, bald der Entwicklung globaler Strategien dienen. All dies wird durch räumliche Funktionen und Effekte ergänzt, die mehreren Medientypen gemeinsam sind. Denn so wie beispielsweise eine ganze Reihe von Medien zur räumlichen Lenkung von Waffen herangezogen wird, bilden sowohl Beobachtungs- als auch Übertragungsmedien unterschiedliche Raumstrukturen aus, die in ähnlicher Weise über Schlachtfelder gelegt werden, wie es mit Truppenaufstellungen geschieht – abgesehen davon natürlich, dass am Ende alle medialen Funktionen jener Kontrolle des Raumes zuarbeiten sollen, um die Kriege eigentlich immer geführt werden.
Programm
Freitag, 11. Juli 2014
14.00 Uhr
Anmeldung
14.30 Uhr
Lars Nowak
Begrüßung und Einführung
Übertragungstechniken (Moderation: Sven Grampp)
15.00 Uhr
Frank Haase (Basel): “So weit das bewaffnete Auge reicht – Über die medientheoretischen Grundlagen antiker Nachrichtentechnik”
15.50 Uhr
Florian Sprenger (Lüneburg): “Der Raum des standard – Taktische Körper auf dem mittelalterlichen Schlachtfeld”
16.40 Uhr
Kaffeepause
Laborräume (Moderation: Peter Podrez)
17.00 Uhr
Nadine Taha (Siegen): “Die Wolkenphotographie im cloud seeding – Zu Räumen militärisch-industrieller Unsicherheit”
17.50 Uhr
Lars Nowak (Erlangen/Nürnberg): “Atomkrieg im Reagenzglas – Räumliche Größenordnungen in der ballistischen Photographie”
20.00 Uhr
Abendessen
Samstag, 12. Juli 2014
Militärperspektiven (Moderation: Regina Wuzella)
10.00 Uhr
Hannah Wiemer (Berlin): “Landschaft lesen – Camouflage und Luftphotographie des Ersten Weltkrieges bei Solomon J. Solomon”
10.50 Uhr
Oliver Kann (Erfurt): “Der Stellungskrieg im Kartenbild – Deutsche Kartographie und die Westfront 1914-1918″
11.40 Uhr
Boris Michel (Erlangen/Nürnberg): “‘World War II was the best thing that has happened to geography’ – Der Beitrag des ZweitenWeltkrieges zu einer Reformulierung geographischer Raumkonzepte”
12.30 Uhr
Mittagessen
Kommunikationsnetze (Moderation: Thomas Nachreiner)
14.00 Uhr
Stefan Kaufmann (Freiburg i.Br.): “Network Centric Warfare – Eine neue Form entfesselter Gewalt?”
14.50 Uhr
Tobias Nanz (Dresden): “Raumverteidigung – Die Hotline des Kalten Krieges”
15.40 Uhr
Stefan Höltgen (Berlin): “Phantome im Netz – Militär und Hacker im Kalten Krieg der Protokolle”
16.30 Uhr
Kaffeepause
Luftkriege (Moderation: Kay Kirchmann)
17.00 Uhr
Hannah Borisch (Weimar): “Ballon- und Brieftaubenpost, Paris 1870-71″
17.50 Uhr
Niels Werber (Siegen/Konstanz): “Drohnen und Luftschiffe – Töten im Nicht-Krieg”
20.00 Uhr
Abendessen
Sonntag, 13. Juli 2014
Wellenortungen (Moderation: Lars Nowak)
10.00 Uhr
Wolfgang Hagen (Lüneburg): “‘Sunday Soviets’ und ‘Blackett’s Circus’ – Zur Entstehung des Operations Research aus dem Geiste des Radars”
10.50 Uhr
Sebastian Vehlken (Lüneburg/Wien): “Operationale Ozeane – Das Sound Surveillance System (SOSUS) und der Anti-Submarine Warfare im Kalten Krieg”
11.40 Uhr
Kaffeepause
Computereinsätze (Moderation: Christoph Ernst)
12.00 Uhr
Stephan Günzel (Berlin): “Trained to Kill – Mit den Augen des Freundes”
12.50 Uhr
Christoph Engemann (Lüneburg): “Shaping the Graph – Krieg als Relationierungskunst”
14.00 Uhr
Tagungsende
(Quelle: http://www.theater-medien.de/tagung-medien-krieg-raum/)
03.06.2014
TIPP: Y. Musharbash im ZEIT-MAGAZIN
Ein toller, inhaltlicher spannender, nachdenkendmachender, fast besinnlicher und stilistisch einfach-schöner Beitrag im Zeit-Magazin (Nr. 28/2014) von Yassin Musharbash, bis 2012 bei SPIEGEL-Online ("Logbuch al-Qaida"), Autor von Die neue al-Qaida: Innenansichten eines lernenden Terrornetzwerks und des Terrorismus-Romanthrillers Radikal (ein Interview mit ihm zu letzterem HIER).
"Ich will nicht pathetisch sein, aber: Wenn ein Ex-Taliban-Berater und eine Ex-Terrorfahnderin miteinander lachen können, wieso nicht wir alle?"
Auch zur Erfolgsserie Homeland äußert sich Musharbash in seinem persönlichen Text kurz:
"Ein Mensch aus dem Umfeld Al-Kaidas, ein zweiter aus dem Umfeld der Sicherheitsbehörden: Die US-Fernsehserie Homeland, in der eine CIA-Agentin und ein US-Marine, der von Al-Kaida umgedreht wurde (oder auch nicht), die Hauptcharaktere sind, wird oft dafür gelobt, dass sie angeblich die Grautöne im "Great War on Terror" auslotet. In Wahrheit stimmt das gar nicht. Natürlich ist Homeland anspruchsvoll, alles ist ein Spiel mit den Erwartungen der Zuschauer, nie soll man sicher sein, wer auf welcher Seite steht. Aber es gibt Seiten. Es gibt Schwarz und Weiß, und die Frage ist bloß: Wer ist, hinter aller Fassade, gut – und wer ist, hinter seiner letzten Maske, böse? Daraus bezieht Homeland seine Spannung."
Um dann festzuhalten: "Grautöne bedeuten aber nicht, dass man zu wenig weiß. Sondern dass es Widersprüche gibt, die sich nicht auflösen lassen. Dass ein Rest Ratlosigkeit bleibt."
Den Beitrag
Der Terror und ich. Der 11. September 2001 veränderte das Leben unseres Autors: Der Terrorismus wurde sein Thema. Vor Kurzem traf er einen Weggefährten von Osama bin Laden – danach sah er manches anders
finden Sie online HIER.
zyw
"Ich will nicht pathetisch sein, aber: Wenn ein Ex-Taliban-Berater und eine Ex-Terrorfahnderin miteinander lachen können, wieso nicht wir alle?"
Auch zur Erfolgsserie Homeland äußert sich Musharbash in seinem persönlichen Text kurz:
"Ein Mensch aus dem Umfeld Al-Kaidas, ein zweiter aus dem Umfeld der Sicherheitsbehörden: Die US-Fernsehserie Homeland, in der eine CIA-Agentin und ein US-Marine, der von Al-Kaida umgedreht wurde (oder auch nicht), die Hauptcharaktere sind, wird oft dafür gelobt, dass sie angeblich die Grautöne im "Great War on Terror" auslotet. In Wahrheit stimmt das gar nicht. Natürlich ist Homeland anspruchsvoll, alles ist ein Spiel mit den Erwartungen der Zuschauer, nie soll man sicher sein, wer auf welcher Seite steht. Aber es gibt Seiten. Es gibt Schwarz und Weiß, und die Frage ist bloß: Wer ist, hinter aller Fassade, gut – und wer ist, hinter seiner letzten Maske, böse? Daraus bezieht Homeland seine Spannung."
Um dann festzuhalten: "Grautöne bedeuten aber nicht, dass man zu wenig weiß. Sondern dass es Widersprüche gibt, die sich nicht auflösen lassen. Dass ein Rest Ratlosigkeit bleibt."
Den Beitrag
Der Terror und ich. Der 11. September 2001 veränderte das Leben unseres Autors: Der Terrorismus wurde sein Thema. Vor Kurzem traf er einen Weggefährten von Osama bin Laden – danach sah er manches anders
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zyw
20.05.2014
Konferenz: ORTE DES RECHTSSTAATS in Berlin
Folgende Konferenz findet demnächst in Berlin statt:
ORTE DES RECHTSSTAATS
Liberale Demokratien und die Herausforderung politischer Gewalt in den 1970er und 1980er Jahren.
Straße - Gericht - Gefängnis
(22./23. Mai 2014, Humboldt-Universität zu Berlin)
Politische Gewalt als Herausforderung für liberale Demokratien Konferenz am 22. und 23. Mai untersucht staatliche Reaktionen auf Terrorismus in den 1970er Jahre Der Umgang demokratischer Staaten mit Terrorismus in den 1970er Jahren ist Thema einer Tagung, die am 22. und 23. Mai an der Humboldt-Universität zu Berlin stattfindet. Ausgewiesene Experten auf dem Feld der Terrorismusforschung setzen sich im Rahmen der Veranstaltung ebenso mit dieser Thematik auseinander wie junge Historiker und Historikerinnen, die Ergebnisse aus ihren laufenden Dissertationsprojekten präsentieren.
Die Teilnahme an der Konferenz „Orte des Rechtsstaats. Liberale Demokratien und die Herausforderung politischer Gewalt in den 1970er und 1980er Jahren. Straße – Gericht – Gefängnis“ ist kostenlos, eine Anmeldung ist jedoch erforderlich. Als in den 1970er Jahren Bomben in Europa und den USA explodierten, sahen sich die Regierungen von Berlin bis Washington massiv unter Druck gesetzt. Denn mit Attentaten und Entführungen untergruben militante Aktivisten das staatliche Gewaltmonopol und forderten die Souveränität der westlichen Staaten damit im Kern heraus. Doch wie reagierten die Rechtsstaaten auf diese Gefahr? Während das Phänomen Terrorismus seit den 1970er Jahren intensiv erforscht wurde, gerät der staatliche Umgang mit politischer Gewalt erst in den letzten Jahren in den Blick der Geschichtswissenschaften.
Die Konferenz „Orte des Rechtsstaats. Liberale Demokratien und die Herausforderung politischer Gewalt in den 1970er und 1980er Jahren. Straße – Gericht –Gefängnis“ soll dazu beitragen, diese Forschungslücke zu schließen. Die Tagung gliedert sich dabei in drei Sektionen, die den Orten entsprechen, an denen politische Gewaltakteure und Staaten aufeinandertreffen: Straße, Gericht und Gefängnis. Mit dieser Struktur möchte die Konferenz untersuchen, wie Demokratien mit den Mitteln des Rechtsstaats auf die Herausforderung der politischen Gewalt reagierten und inwieweit sich Rechtsstaatlichkeit in den 1970er wandelte.
Informationen:
Zeit: 22./23. Mai 2014, 9.00 Uhr
Ort: Humboldt-Universität zu Berlin, Hauptgebäude, Raum 3119, Unter den Linden 6, 10099 Berlin
Organisation: Kristina Kütt und Andreas Spreier, Lehrstuhl für die Geschichte Westeuropas und der transatlantischen Beziehungen, Humboldt-Universität zu Berlin Bei Interesse bitte anmelden unter: Monika Kusche: KuscheM(at)geschichte.hu-berlin.de
Aktuelle Informationen und Tagungsprogramm: https://wg.geschichte.hu-berlin.de/aktuelles
Kontakt: Kristina Kütt: kristina.kuett(at)posteo.de; Andreas Spreier: andreas.spreier(at)gmail.com
ORTE DES RECHTSSTAATS
Liberale Demokratien und die Herausforderung politischer Gewalt in den 1970er und 1980er Jahren.
Straße - Gericht - Gefängnis
(22./23. Mai 2014, Humboldt-Universität zu Berlin)
Politische Gewalt als Herausforderung für liberale Demokratien Konferenz am 22. und 23. Mai untersucht staatliche Reaktionen auf Terrorismus in den 1970er Jahre Der Umgang demokratischer Staaten mit Terrorismus in den 1970er Jahren ist Thema einer Tagung, die am 22. und 23. Mai an der Humboldt-Universität zu Berlin stattfindet. Ausgewiesene Experten auf dem Feld der Terrorismusforschung setzen sich im Rahmen der Veranstaltung ebenso mit dieser Thematik auseinander wie junge Historiker und Historikerinnen, die Ergebnisse aus ihren laufenden Dissertationsprojekten präsentieren.
Die Teilnahme an der Konferenz „Orte des Rechtsstaats. Liberale Demokratien und die Herausforderung politischer Gewalt in den 1970er und 1980er Jahren. Straße – Gericht – Gefängnis“ ist kostenlos, eine Anmeldung ist jedoch erforderlich. Als in den 1970er Jahren Bomben in Europa und den USA explodierten, sahen sich die Regierungen von Berlin bis Washington massiv unter Druck gesetzt. Denn mit Attentaten und Entführungen untergruben militante Aktivisten das staatliche Gewaltmonopol und forderten die Souveränität der westlichen Staaten damit im Kern heraus. Doch wie reagierten die Rechtsstaaten auf diese Gefahr? Während das Phänomen Terrorismus seit den 1970er Jahren intensiv erforscht wurde, gerät der staatliche Umgang mit politischer Gewalt erst in den letzten Jahren in den Blick der Geschichtswissenschaften.
Die Konferenz „Orte des Rechtsstaats. Liberale Demokratien und die Herausforderung politischer Gewalt in den 1970er und 1980er Jahren. Straße – Gericht –Gefängnis“ soll dazu beitragen, diese Forschungslücke zu schließen. Die Tagung gliedert sich dabei in drei Sektionen, die den Orten entsprechen, an denen politische Gewaltakteure und Staaten aufeinandertreffen: Straße, Gericht und Gefängnis. Mit dieser Struktur möchte die Konferenz untersuchen, wie Demokratien mit den Mitteln des Rechtsstaats auf die Herausforderung der politischen Gewalt reagierten und inwieweit sich Rechtsstaatlichkeit in den 1970er wandelte.
Informationen:
Zeit: 22./23. Mai 2014, 9.00 Uhr
Ort: Humboldt-Universität zu Berlin, Hauptgebäude, Raum 3119, Unter den Linden 6, 10099 Berlin
Organisation: Kristina Kütt und Andreas Spreier, Lehrstuhl für die Geschichte Westeuropas und der transatlantischen Beziehungen, Humboldt-Universität zu Berlin Bei Interesse bitte anmelden unter: Monika Kusche: KuscheM(at)geschichte.hu-berlin.de
Aktuelle Informationen und Tagungsprogramm: https://wg.geschichte.hu-berlin.de/aktuelles
Kontakt: Kristina Kütt: kristina.kuett(at)posteo.de; Andreas Spreier: andreas.spreier(at)gmail.com
05.05.2014
CfP: "Understanding Techno-security" der EASST in Torun (Polen)
CFP: Understanding Techno-security: on pre-emption, situational awareness and technological superiority (Torun, 17.-19.09.2014)
Track: EASST Conference (European Association for the Study of Science and Technology),
Convenor: Jutta Weber (University Paderborn), Katrin M. Kämpf (University Paderborn)
Security has been described as today’s ontotheology: We are afraid of orphaned suitcases, ‘suspicious’ people on our airplane, or being robbed on the way home. In the course of broad political, socioeconomic, and technological changes, security has gained a central place in Western societies which are preoccupied with their future(s). Risk discourses are increasingly enlarged adding more awareness to probable resources of risk. They do not only address health, natural, and technological disasters, but terrorism, organized crime and illegalized immigration. While security was traditionally achieved primarily via the empirical identification and assessment of threats framed by a causal logic, it is now reconfigured in the logic of predictive maximum techno-security. The shift of security from a proactive to a preventive mode in which every thinkable event is imagined in order to preempt or pre-mediate it, coincides with a desire for technological superiority and situational awareness, bearing affinities with the contemporary military logic of security. Mapping our world as completely as possible seems to be characteristic of a new culture of techno-security, as all kinds of information are crowd sourced and proliferated. The track aims at discussing the security-technology nexus, the role of precautionary risk management, the desire for a near monopoly of space and information, and the relation of civil and military security. http://www.nomadit.co.uk/easst/easst2014/panels.php5?PanelID=3181
The call for papers is open and closes Friday 9 May 2014. All proposals must be made to specific tracks (including the Open track) via the ‘Propose a paper’ link found beneath the track abstract on that track’s webpage. Proposals should consist of:
• a paper title
• authors/co-authors
• a long abstract of fewer than 250 words.
Your abstract should make clear how the paper addresses STS concerns and approaches (either generally and / or specifically in relation to a particular track). It should also make clear the type of empirical data (if any) that it will draw on. You do NOT need to be a current member of EASST to propose a paper (but you will need to provide us with contact details as part of the process). General Information: The next EASST conference will be held from 17th to 19th September 2014 in Torun in Poland. The theme for the conference is ‘Situating Solidarities: social challenges for science and technology studies’. More details are available: http://easst.net/?page_id=295
03.04.2014
Tipp: Konferenz IMAGE OPERATIONS (10.-12.4, Berlin)
Charlotte Klonk von Institut für Kunst- und Bildgeschichte der HU Berlin und Jens Eder, Medienwissenschaftler der Uni Mannheim laden vom 10. bis 12. April im Berliner ICI Berlin Institute for Cultural Inquiry zur Konferenz IMAGE OPERATIONS. Zu Gast ist etwa (am Auftaktdonnerstag) der renommierte Bildtheoretiker W.J.T. Mitchell aus Chicago (mit dem Thema „The Picture Atlas as Symptom and Therapy from Aby Warburg to A Beautiful Mind“), doch auch eine Vielzahl der Vortragsthemen versprechen an den ersten beiden Tagen in puncto Krieg, Gewalt und Medien unter bildwissenschaftlicher und v.a. interdisziplinärer Sichtweise so wichtige wie faszinierende und vor allem aktuelle Einsichten:
Unter anderem spricht Tom Holert (Akademie der Künste der Welt, Berlin) über „Gorgon Stare and Eyes in the Sky: Drones and the Ubiquity of Vision”, Timothy Lenoir (Kimberly J. Jenkins Chair for New Technologies in Society der Duke University, Durham, USA) zum Thema „Carpet-Bombing Cyberspace”, Verena Straub (HU Berlin) zu „The Making of a Martyr - Images of Female Suicide Bombers in Palestine” und Politikwissenschaftler Ben O'Loughlin (University of London) über „Images of the World, Images of Conflict“.
Mit einer Einführung von Christina Landbrecht wird zudem am Donnerstagabend Harun Farockis ERNSTE SPIELE vorgeführt.
Und als wäre das alles noch nicht genug: Für die Konferenz IMAGE OPERATIONS ist der Eintritt frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich!
internationalen und hochkarätig besetzten Konferenz
Das gesamte Programm gibt als PDF HIER.
IMAGE OPERATIONS (10.-12. April 2014)
Veranstaltungsort: Institut für Cultural Inquiry Berlin GmbH (ICI), Christinenstraße 18/19, Haus 8, 10119 Berlin (www.ici-berlin.de)
>
zyw
07.03.2014
TIPP: Dietmar Daths F.A.Z.-Kritik an 300 - RISE OF AN EMPIRE
Ob der Film das überhaupt wert ist, das Gescholtene die Schelte? In der FAZ jedenfalls kritisiert Dietmar Dath mit genüsslichen Sprachkapriolen den, so schein's, geschmacklosen Film Noam Murros 300 - RISE OF AN EMPIRE, Fortsetzung des bereits schon ungenießbaren, zumindest schwerverdaulichen 300 von Zack Snyder nach der Graphic Novel des fragwürdigen Autoren Comic-Autoren Frank Miller.
Dath deutet dabei mit einiger Berechtigung die historische Antike mit ihrem Konflikt Griechen vs. Perser als, einmal mehr überästhetisierte, kaschierte Story über den aktuellen "War on Terror", in dem einmal mehr das altgekannte Stereotyp des "Evil Arabs" wohl gedeiht:
"Die Perser sind ethnisch undurchschaubare Finsterlinge, tragen Turbanartiges, beten einen Gottkönig an, der aussieht, als wäre er wegen zu teuren Piercinggeschmacks aus der Pop-Band 'Right Said Fred' geflogen, und sprengen sich mit teerverschmiertem Feuerwerk in die Luft, damit das Publikum 2014 begreift, um was für Wüstensöhne es sich handelt."
Mehr noch kritisiert Dath die moralische Haltung des Film (bzw. die darin, darüber repräsentierte) - "da [wird] eine aus den Nachrichten vertraute Folgerichtigkeit gruselmoralisch begründet und bebildert, mit der Drohnen islamische Hochzeitsgesellschaften dezimieren oder Spezialeinheiten bei nächtlichen Überfällen sechzehnjährige Söhne Terrorverdächtiger exekutieren."
Bloße Unterhaltung, bloßes Popcorn-Kino?, fragt Dath süffisant, zurecht. Und man kann weitermachen: Frank Millers "Holy Terror" "bloß ein Comic", seine Tirade gegen die Occupy-Bewegung, die er u.a. als Vergewaltiger beschimpte (als solche, die keine Ahnung haben von echten Problemen wie al-Qaida) "nur" ein, freilich harsch und prominent kritisierter, "Werbe-Gag"?
Sicher, man sollte das alles nicht zu hoch hängen (etwa, weil Hitlers "Mein Kampf" quasi ja auch nicht "nur ein Buch" ist). Meinungstechnisch wie geschmacksmäßig muss man aber eben auch nicht jeden Unfug mitmachen oder auch nur hinnehmen. Und sei's nur, weil in beiderlei Hinsicht die Kritik in Form und Inhalt selbst schon bereichernder sein mag, auf dass das Kritisierte wenigstens etwas Gutes hat.
zyw
Dath deutet dabei mit einiger Berechtigung die historische Antike mit ihrem Konflikt Griechen vs. Perser als, einmal mehr überästhetisierte, kaschierte Story über den aktuellen "War on Terror", in dem einmal mehr das altgekannte Stereotyp des "Evil Arabs" wohl gedeiht:
"Die Perser sind ethnisch undurchschaubare Finsterlinge, tragen Turbanartiges, beten einen Gottkönig an, der aussieht, als wäre er wegen zu teuren Piercinggeschmacks aus der Pop-Band 'Right Said Fred' geflogen, und sprengen sich mit teerverschmiertem Feuerwerk in die Luft, damit das Publikum 2014 begreift, um was für Wüstensöhne es sich handelt."
Mehr noch kritisiert Dath die moralische Haltung des Film (bzw. die darin, darüber repräsentierte) - "da [wird] eine aus den Nachrichten vertraute Folgerichtigkeit gruselmoralisch begründet und bebildert, mit der Drohnen islamische Hochzeitsgesellschaften dezimieren oder Spezialeinheiten bei nächtlichen Überfällen sechzehnjährige Söhne Terrorverdächtiger exekutieren."
Bloße Unterhaltung, bloßes Popcorn-Kino?, fragt Dath süffisant, zurecht. Und man kann weitermachen: Frank Millers "Holy Terror" "bloß ein Comic", seine Tirade gegen die Occupy-Bewegung, die er u.a. als Vergewaltiger beschimpte (als solche, die keine Ahnung haben von echten Problemen wie al-Qaida) "nur" ein, freilich harsch und prominent kritisierter, "Werbe-Gag"?
Sicher, man sollte das alles nicht zu hoch hängen (etwa, weil Hitlers "Mein Kampf" quasi ja auch nicht "nur ein Buch" ist). Meinungstechnisch wie geschmacksmäßig muss man aber eben auch nicht jeden Unfug mitmachen oder auch nur hinnehmen. Und sei's nur, weil in beiderlei Hinsicht die Kritik in Form und Inhalt selbst schon bereichernder sein mag, auf dass das Kritisierte wenigstens etwas Gutes hat.
zyw
21.02.2014
Fernsehfilmdreiteiler über die NSU geplant
Wie die FAZ berichtete, plant Ex-Spiegel-Chef und Der-Baader-Meinhof-Komplex-Verfasser Stefan Aust zusammen mit Produzentin Gabriele Sperl (u.a. MOGADISCHU) drei Fernsehfilme und eine von Aust selbst verantwortete Dokumentation um die Mordtaten des selbsternannten "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU), die Rechtsradikalen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe.
Die Trilogie widmet sich im ersten, von Christian Schwochow (DER TURM, DIE UNSICHTBARE und WINTERKIND) inszenierten Teil dem rechtsextremen Umfeld und mithin den Tätern.
Teil 2 befasst sich mit den Opfern der NSU-Mordserie, die Toten und ihre Hinterbliebenen. Regie soll Züli Aladağ führen, dessen TV-Film WUT 2005 für einiges Aufsehen sorgte. Aladağs Ehefrau Feo ist ebenfalls Regisseurin; ihr Film FREMDE WELTEN lief gerade im Wettbewerb der "Berlinale".
Dritter Part des ambitionierten Projekts, das für die ARD entstehen soll, stellt die Ermittlungen zu den Taten in den Mittelpunkt. Als Regisseur ist David Wnendt vorgesehen, ebenfalls eine spannende Entscheidung: Wnendt schrieb und inszenierte den mehrfach preisgekrönten Film KRIEGERIN, der Alina Levshin als junge Rechtsradikale im ostdeutschen Neo-Nazi-Milieu zeigt.
Sendetermin oder Besetzung stehen noch nicht fest.
Die Trilogie widmet sich im ersten, von Christian Schwochow (DER TURM, DIE UNSICHTBARE und WINTERKIND) inszenierten Teil dem rechtsextremen Umfeld und mithin den Tätern.
Teil 2 befasst sich mit den Opfern der NSU-Mordserie, die Toten und ihre Hinterbliebenen. Regie soll Züli Aladağ führen, dessen TV-Film WUT 2005 für einiges Aufsehen sorgte. Aladağs Ehefrau Feo ist ebenfalls Regisseurin; ihr Film FREMDE WELTEN lief gerade im Wettbewerb der "Berlinale".
Dritter Part des ambitionierten Projekts, das für die ARD entstehen soll, stellt die Ermittlungen zu den Taten in den Mittelpunkt. Als Regisseur ist David Wnendt vorgesehen, ebenfalls eine spannende Entscheidung: Wnendt schrieb und inszenierte den mehrfach preisgekrönten Film KRIEGERIN, der Alina Levshin als junge Rechtsradikale im ostdeutschen Neo-Nazi-Milieu zeigt.
Sendetermin oder Besetzung stehen noch nicht fest.
03.02.2014
BUCH: "Jihadi Violence" - Systematische Analyse al-Qaida-Statements
Andreas Armborst:
Jihadi Violence: A
study of al-Qaeda’s media.
(Schriftenreihe des Max-Planck-Instituts für ausländisches
und internationales Strafrecht – Kriminologische Forschungsberichte). Berlin:
Duncker & Humblot.
ISBN: 978-3-428-14049-7, 266 Seiten, Erscheinungsjahr: 2013.
€ 35,-
Einen eindrucksvollen Lebenslauf weist Dr. Andreas Armborst
auf: Neben einem Abschluss in Soziologie (Trier) und Kriminologie (Hamburg)
kann er u.a. als Arbeits-, Lehr- und Forschungsstationen die Universität der
Bundeswehr in Hamburg, das BKA, die Nebraska Crime Commission on Law
Enforcement and Criminal Justice oder das Institut für Sicherheits- und
Präventionsforschung der Uni Hamburg angeben. Seine hier vorgelegte, in
Englisch verfasste und also auf eine internationale Rezeption abzielende Studie
hat er am Freiburger Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales
Strafrecht verfasst, an der dortigen International Max Planck Research School
on Retaliation, Mediation and Punishment. Doch als Motto stellt er der Schrift Jihadi Violence kein Zitat renommierter
Terrorismusexperten, politischer Denker oder sozialwissenschaftlicher Koryphäen,
sondern von Terry Pratchett voran, weltbekanntem Autor humorig-satirischer
Fantasy-Romane.
Pratchetts bizarr phantastische Scheibenwelt, von der das
Gros dessen Bücher handelt, wird getragen von vier kosmischen Elefanten; bei
Armborsts Untersuchung kann man quasi von fünf sprechen: fünf Teile, die als
solche nur teilweise ausgewiesen, die Arbeit lesenswert machen, auch wenn sie
dabei nicht völlig in einem heterogenen Ganzen aufgehen mögen und einige
Kritikpunkte anzubringen sind.
Armborst befasst sich mit der Propaganda al-Qaidas, wobei
der Titel falsche Erwartungen wecken könnte. Zum einen steht nicht (nur) der
Aspekt der Gewalt im Vordergrund, zum anderen befasst sich der Autor in seiner quantitativ-qualitativen
Analyse zwar in seinem Sampel nicht nur mit schriftsprachlichen Äußerungen
Aiman al-Zawahirs, Osama bin Ladens und Abu Jahja al-Libis, sondern auch mit
Video-Statements, doch werden diese nur transkribiert ausgewertet – die
audiovisuellen Eigenheiten bleiben, wie so oft bei Medieninhaltsanalysen, außen
vor [1]. Weniger die Medien werden also analysiert als deren Inhalte. Dafür hat
Armborst 103 Statement-Verschriftlichungen zwischen 2001 und Dezember 2009
gesichtet sowie anschließend auf einen 86 Äußerungen umfassenden Korpus weiter
reduziert, aus dem wiederum final für die Detailanalyse 31 Texte ausgewählt
wurden.
Bevor sich Armborst in seinem Buch der empirischen
Untersuchung widmet, präsentiert er – quasi als ersten, lohnenswerten
„Elefanten“ – eine konzise und fundierte Einführung zur Abgrenzungsdefinition
von Terrorismus (fokussiert auf dessen „kriminologische Anomalien“ und in
schlüssiger Einordnung in ein Spektrum politischer Gewalt) sowie zum Konzept
des Jihadismus insbesondere mit Blick auf den „Gotteskrieg“ als militärische
Doktrin, die sich nicht in der gefährlich simplen, gleichsam wohligen
diskursiven Differenzierung zwischen innerem und äußerem Jihad erschöpft.
Im zweiten, empirischen Teil (Kapitel 4, 5 und 6) entwickelt
der Autor seine Methodik, stellt das Untersuchungsdesign vor, ehe er die
Ergebnisse inhaltlich-interpretativ wie statistisch ausgewertet darlegt und
mithin al-Qaidas Ideologie nach ihren diagnostischen soziopolitischen
„Analysen“, den angebotenen und geforderten Zielen und vor allem der
strategischen und religiösen Instrumentalität und Legitimität von Gewalt
aufschlüsselt und die einzelnen Punkte untereinander in Beziehung setzt.
In Kapitel 7, eigentlich ein eigener Part, wird die propagierte
Weltanschauung der AQ-Zentrale mit der irakischer Jihadisten-Gruppen verglichen,
namentlich (bei Armborst) Ansar al-Sunna und al-Qaida im Irak (bzw. ISI –
Islamischer Staat im Irak; heute eher: ISIS – Islamischer Staat im Irak und
Syrien bzw. Irak und Levante). Dieser Teil / dieses Kapitel „Jihadism in Iraq“
überzeugt in Gänze im Gesamtkontext des Buches wenig, wirkt losgelöst, auch ein
wenig abschweifend. Von den knapp 45 Seiten verwendet der Autor mehr als die
Hälfte auf die Einführung in die Konfliktsituation und -faktoren im
Zweistromland sowie die Taktiken von AQI und ASS, derweil der
Ideologievergleich selbst nur relativen Erkenntnisgewinn bringt. Gleichwohl und
unabhängig vom restlichen Buch sind diese Irak-„Ausflüge“ allein und vor allem
in ihrer informativen Einführung in den Konflikt zu empfehlen.
Ein weiterer, unerwarteter Punkt mit hohem Eigenwert stellen
die im Anhang aufgeführten Textsegmente aus al-Qaida-Botschaften dar, rund 40
Seiten „Originalstimmen“. Armborst nutzt sie als Beleg- und
Anschauungsmaterial, allerdings stellen sie in ihrer Pointiertheit und durch
die Ordnung des Autors ein kleines systematisches Zitatennachschlagebuch dar,
das auch für eigene Arbeiten durchaus von vielfältigem Nutzen für den Leser sein
kann.
Der „fünfte Elefant“ sozusagen ist sehr speziell, gleichwohl
lobend herauszustellen. Es handelt sich dabei um die Darlegung des methodischen
Vorgehens, das für all jene interessant sein dürfte, die selbst
empirisch-quantitativ forschen wollen oder mit entsprechenden Analysen zu tun
haben. Neben der Darlegung des methodischen Vorgehens und des Designs in
Kapitel 4 reflektiert Armborst gewissenhaft in Anhang 1 das automatisierte
„concept mapping“ mit dem Text-Mining-Tool Leximancer, das er zusammen mit der
QDA-Software MAXQDA für die computergestützte Textanalyse verwendet – ein
Fallbeispiel, wie Digital Humanities auch im Bereich der
Terrorismus(propaganda)forschung und ähnlichen Bereichen vielversprechend
einsetzbar ist.
Allerdings hinterlässt Jihadi
Violence: A study of al-Qaeda’s media gerade hinsichtlich der theoretischen
Konzeption ein ambivalentes Gefühl beim Lesen. Das meint weniger die generelle
(und erneut hoch aktuelle Frage), inwiefern sich qualitative Inhalte sinnvoll
in „maschinenlesbare“ Daten (z.B. Wortfrequenzen) übersetzen oder aus solchen
heraus generell überzeugend oder zumindest gewinnbringend interpretieren
lassen. Dies ist ein alte Grundsatzdebatte in der Auseinandersetzung mit
menschlicher Kommunikation zwischen struktureller Regelverfasstheit, Symbolwissen
und Kontextsensibilität. Armborst selbst befasst sich nur am Rande mit dem
Problem, muss dies auch nicht, insofern er einen Methodenmix vorstellt, der
eben nicht nur quantitativ ist, sondern (wie ja praktisch jede quantitative
Studie überhaupt) auch – natürlich oder notgedrungen – qualitatives, wenn nicht
gar intuitives Vorgehen beinhaltet.
So ist es eher tatsächlich die starke Fokussierung auf die Empirie,
die die Lesefreundlichkeit des Buches im Hauptteil bisweilen einschränkt.
Insbesondere die gedanklich spannende, gleichwohl komplexe Darstellung der
thematischen Relationen (berechnet aufgrund etwa von Textüberlappungen)
erscheint valide, aber (vor allem in Form der Tabelle 5) doch etwas zahlenspielerisch
oder der reinen Forschungsprotokollarik geschuldet, zumal sowohl die Anzahl der
untersuchten AQ-Texte generell (was sowohl legitim wie üblich ist) relativ
klein ist, als auch die ausgewiesenen Prozentzahlen (und die Unterschiede
zwischen ihnen) wenig aufschlussreich jenseits ihrer selbst sind. Zumal, wenn
den Daten letztlich ohnehin ein vor allem „exploratives Codieren“ (S. 63)
zugrunde liegt.
Darüber hinaus scheint gerade der Vorteil der Studie, seine
empirische und methodische Absicherung, die sie von vergleichbaren
Untersuchungen abhebt, gleichzeitig sein eminentester Nachteil zu sein – nicht
in den Ergebnissen per se, sondern eben in deren Präsentation. Armborst
begründet den Methodenmix aus Diskurs-, Frame- und Inhaltsanalyse überzeugend; dieser wird als solcher freilich hernach kaum
mehr deutlich. Auch das ist freilich nun kein unbekanntes Phänomen. Problematischer
hingegen erscheinen die komplexen Strukturhierarchien, in die der Verfasser AQs
Ideologie textbezogen aufschlüsselt, und denen einmal mehr kluge Ideen zugrunde
liegen. Eine solche ist der Rückgriff auf die Social-Movement-Analysen Snow,
Benfords [2] u.a. unter Verwendung des Framing-Konzepts. Die grundlegende Idee
dahinter: Soziale Bewegungen (als deren extremer Teil auch schließlich
terroristische Organisationen gedacht werden können) haben u.a. zur Gewinnung
und zum Erhalt von Sympathien und Unterstützungen bestimmte kommunikative
Framing-Aufgaben zu erfüllen, quasi die Propagierung von Sichtweisen und
Interpretationsmustern [3].
Armborst entwirft davon ausgehend eine Aufschlüsselung von
AQs Ideologie in vier Kategorien. Diese sind – in absteigender Ordnung –: frames, narratives, themes und issues. Die vier Frames umfassen dabei
„social-political diagnosis“, „goals“, „jihadi doctrines & strategies“,
„reference system“ und schlüsseln sich entsprechend weiter auf; der
diagnostische Frame etwa in die Narrative „apostasy and collaboration“, „global
conflict“, „secular governance“. Hierbei stellen sich allerdings Fragen und
Schwierigkeiten, die teilweise begrifflicher Natur sind.
So bezeichnet der Autor „frames“ als eine „analytical unit
in an act of communication“ (S. 59) bzw. „nothing other than deductive codes
and categories (albeit with a defined theoretical underpinning) identified in
qualitative content analysis“ (S. 61), konzipiert sie aber theoretisch selbst darüber
hinaus nicht weiter (zumindest nicht ausführlich), was nicht zuletzt aufgrund
der transdisziplinären Begriffsunschärfe heikel ist. Was genau ein „Frame“ also
gerade als Oberkategorie meint, bleibt unklar auch deshalb, weil man – im Sinne
von „Interpretationsmustern“ – oftmals bestimmte Themen (oder Genres) als gegeben
voraussetzt, die dann eben „geframed“ (bzw. mit dem Muster belegt oder in eben
jenes eingepasst) werden. Robert Entmanns Gliederung der Leistung oder Funktion
eines Frames (Diagnose, Prognose etc.) sind hier in einzelne Frames
aufgeschlüsselt – wobei Frames hier ebenso wie bisweilen die nachgeordneten
Kategorien Unterschiedliches zu bezeichnen scheinen: Während der diagnostische und
prognostische Frame Aussagen (oder Aussagesysteme) fasst, bezieht sich der
„reference frame“ auf als Ressource vorhandene Medieninhalte, die zur
propagandistischen Situationsbeschreibung und der Kritik am Gegner herangezogen
werden.
Ein andere diskussionswürdige Kategorie in Armborsts Systematik
ist die der „narrative“ – ein ebenfalls, wenn nicht noch schwammigerer
disziplin- und bedeutungsfeldübergreifender Terminus, der als solcher von
Armborst nicht nur nicht definiert wird, sondern so divergentes
Inhaltlich-Thematisches wie „secular governance“, „goals & objectives“ oder
„appeals & advices“ umfasst, darüber hinaus aber auch Modales wie „humor,
sarcasm & irony“.
Eine sich ergebene, generell spannende und drängende Frage,
die der Autor leider nicht aufgreift, ist die nach dem Verhältnis von Erzählungen
und Frames. Etwa dahingehend, ob Narrative nicht eine bestimmte Form von Frames
bzw. des (prozesshaften) Framings darstellen. Und nicht zuletzt lassen sich die
konkreten Einordnungen in die entworfenen Kategorien diskutieren. Wäre „grievance“
nicht statt als „theme“ in den drei „narratives“ des soziopolitischen
Diagnoserahmens schlüssiger und gewinnbringender als eigenständige „narrative“
angelegt?
Diese Punkte sind hier allerdings gar nicht so sehr gegen
Armbrosts Systematik und seine Arbeit selbst so kritisch gerichtet wie es den Anschein
haben mag. Denn die Terminologiefrage ist eine des Details, in erster Linie vor
allem Ergebnis der analytischen Operationalisierung sowie die Systematik und
Systematisierung – das glaubt man gerne – Folge der Voruntersuchung des
Materials. Und letztlich versteckt sich hinter jeder Kategorisierung und
Strukturierung ohnehin zumindest ein spezifisches Erkenntnisinteresse, wenn
nicht gar überhaupt eine diskursive „Weltordnung“ in besonderer Form, so dass
gerade bei derlei sowohl de- wie rekonstruierenden Analysen keine
Einwandsfreiheit zu haben ist.
Was sich in den Schwierigkeiten der Strukturierung,
Kategorisierung und Auswertung maßgeblich zeigt, ist eine grundlegende
Herausforderung, die Armborsts Arbeit umso wichtiger werden lässt: die
Komplexität, die Vielgestalt und Mehrdimensionalität von Ideologie in ihrer
Propagierung, denen die Wissenschaft allein schon in der systematischen
Beschreibung nur schwer – oder lediglich ausschnitthaft – Herr wird. Ebenso wie
ein terroristischer Akt Unterschiedliches „bedeuten“ kann, stellt sich die
Ideologie-Praxis und -Ordnung insbesondere von terroristischen Organisationen
und Gruppierungen ein Gewebe an divergenten Reflexionsebenen und Sprechakten
dar, die sich dynamisch aufeinander beziehen. Glaubens- und Handlungsdoktrinen
sind verwoben mit Verheißungen und strategischen Kalkülen, mit „Analysen“ von
realweltlichen Gegebenheiten (oder den Deutungsvorgaben des Feindes – s.u.),
der Werbung um Aufmerksamkeit und Unterstützung, der Anleitungen zur Tat oder
Diffamierung konkurrierender Denkweisen und ihrer Vertreter sowie, nicht
zuletzt, der narrativen Selbstpositionierungen im diskursiven Geflecht. Dies
alles gerichtet an (und optimiert hin auf) unterschiedlichste Publika.
Amborsts Untersuchung ist denn auch deshalb so wichtig, weil
sie in dieses Dickicht (wie auch immer) fundiert eine Schneise schlägt und eine
Fülle wichtiger Einblicke und Erkenntnisse liefert, die den Blick schärfen und
etwa konternarrative Maßnahmen sinnvoll(er) werden lassen können – dabei auch
mit populären allzu einfachen Deutungsmustern aufräumt.
So kann der Autor klar die Unterscheidung zwischen dem
„nahen“ und „fernen Feind“, den „Apostaten“-Regierungen des Nahen und Mittleren
Ostens und den USA herausarbeiten, der Denkart und religiösen Begründung hinter
dieser Trennung – sowie der Rationalität oder doch zumindest Eigenlogik, die
die simple Vorstellung von Fanatismus oder Missinterpretation und Instrumentalisierung
religiöser Gebote und Texte aufseiten der Extremisten konterkariert. Auch die Erkenntnis,
dass für AQ selbst militante strategisch und taktische Misserfolge (gemessen an
den „praktischen“, politischen Folgen) noch einen religiösen Eigenwert haben
(oder dahingehend stets als Erfolg verbucht, ausgegeben oder „geframed“ werden
können), ist ein eminenter Befund, zeigt dies nicht nur den Unterschied zu
anderen, weltlich gestimmteren Organisationen und Gruppen in der Geschichte des
Terrorismus, sondern es bringt zudem die spezifische Gefährlichkeit und –
zumindest potenzielle, weltanschauliche – Dauerhaftigkeit auf einen Punkt.
Eine weiter verblüffende Einsicht (jedenfalls für mich): Wie
sehr AQ und seine Vordenker und Richtungsgeber nicht bloß selbstfokussierte
Demagogen sind, sondern durchaus den „war of ideas“ mit (gegen-)propagandistischen
Maßnahmen vor allem der USA als solchen registrieren, thematisieren und dabei /
dafür durchaus Analysen und Empfehlungen etwa des Think Tanks RAND Corporation
selbst wieder rhetorisch-argumentativ aufgreifend in ihre Statements einbauen,
reflektieren und, etwa als Belege für dessen
Propaganda, gegen den Gegner richten.
In diesem Sinne bietet Andreas Armborst mit Jihadi Violence: A study of al-Qaeda’s media
keine in sich völlig geschlossene, dafür aber in mehrerer Hinsicht
empfehlenswerte und erkenntnisreiche Lektüre.
Bernd Zywietz
[1] vgl. Matthes, Jörg (2009): What's in a Frame? A Content Analysis of Media Framing Studies in the
World's Leading Communication Journals, 1990-2005. In: Journalism & Mass Communication Quarterly, 86. Jg., Nr. 2,
349-367, hier: 355 f. Direkt mit der rechtsradikalen und radikalislamistischen
Web-Videos befasst die 2013 erschienene Studie der BKA Forschungsstelle
Terrorismus und Extremismus von Diana Rieger, Lena Frischlich und Gary Bente: Propaganda
2.0 – Psychological Effects of Right-Wing and Islamic Extremist Internet Videos
(Download als PDF HIER).
[2] etwas: Snow, David A. et al. (1986): Frame Alignment Processes,
Micromobilization and Movement Participation. In: American Sociological
Review, 51. Jg., Nr. 4, S. 464-481.
[3] ein weiterer eminenter, einsichtsvoller Text, auf den
sich Armborst stützt, gar weiterentwickelt, ist in dem Kontext (auch als
Leseempfehlung unbedingt empfohlen): Wiktorowicz, Quintan (2004): Framing Jihad: Intramovement Framing
Contests and al-Qaeda’s Struggle for Sacred Authority. In: International Review of Social History, 49
Jg., Supplement S12, S. 159-177.
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