31.05.2012

CfP: 11. Workshop des Netzwerks Terrorismusforschung


Der 11. Workshop des Netzwerks Terrorismusforschung (NTF) findet am 31. August u. 1. September 2012 in München statt. Veranstaltungsort ist das Institut für Politikwissenschaft der Universität der Bundeswehr München.

Schwerpunktthema ist „Black September“ in München 1972 – Ein Terrorakt und seine Konsequenzen und Implikationen für Forschung und Politik". Wie sonst können aber auch Vortragsvorschläge zu anderen Themenbereichen eingereicht werden.

Hier die Details:


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Am 5. September 2012 jährt sich der Angriff des Terroristenkommandos „Black September“ während der Olympischen Spiele von 1972 zum 40. Mal. Der Workshop nimmt diesen Jahrestag zum Anlass, um mit einem Schwerpunktthema auf das Ereignis zurückzuschauen.

Es hätten die „heiteren Spiele“ in München werden sollen. Stattdessen prägten die Geiselnahme und Ermordung von elf israelischen Sportlern durch Mitglieder der palästinensischen paramilitärischen Organisation „Black September“ das Sportereignis. Damit rückte nicht nur der Israel-Palästina-Konflikt unvermittelt ins öffentliche Bewusstsein, sondern auch die internationale Vernetzung terroristischer Gruppen – etwa die zwischen der deutschen Rote Armee Fraktion und den gewalttätigen Gruppen der Befreiungsbewegung Palästinas (PLO und PLFP).

Die Olympischen Spiele boten den international kooperierenden Terroristen eine überraschend gut nutzbare Bühne, um auf entfernte wie lokale Interessen aufmerksam zu machen. In der Folge stellten der „ethno-nationale“ und der „ideologisch“ motivierte Terrorismus, der an die Vorstellungen des „Guerilla-Kampfes“ anknüpfte, ein akutes politisches Problem dar, dem von Seiten des staatlichen Gewaltmonopols begegnet werden musste. Die Gründung der Eliteeinheit GSG9 (Grenzschutzgruppe 9) ist im Anschluss an „München 1972“ eine der wichtigsten Konsequenzen für Deutschland, resultierend aus dem polizeilichen Versagen während der Geiselnahme. Auch auf europäischer Ebene entstanden zahlreiche Initiativen, in denen sich politische Vertreter und Praktiker über Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung zu einigen suchten. International nahmen vor allem die Vereinten Nationen (VN) die Frage der Terrorismusbekämpfung konsequent in Reaktion auf „München 1972“ auf – mit dem Ergebnis, dass die VN seither in eine langwierige, bis heute unabgeschlossene Debatte um die Definition des Terrorismusbegriffs verstrickt sind.

Selbstverständlich hatte das Attentat von 1972 zahlreiche Auswirkungen, die weit über politische Antiterrorreaktionen hinaus und in viele gesellschaftliche Bereiche hineinreichten, wie bspw. die Ver-/Bearbeitung von Terrorismus in Kunst, Literatur oder Film. Ziel des Workshops soll es daher sein, ausgehend von „München 1972“ jüngste Forschungsergebnisse aus verschiedensten Disziplinen und mit unterschiedlichsten Perspektiven auf das Phänomen Terrorismus zu versammeln. So ergeben sich – für Praxis und Theorie gleichermaßen – verschiedene Fragestellungen, die sich mal enger, mal loser mit dem Münchner Attentat beschäftigen und für denkbare Workshop-Beiträge zentral sein könnten.


Mögliche Themen und Fragestellungen:

- Welche Tatsachenberichte und Augenzeugenaussagen geben heute noch Aufschluss über den Ablauf der Ereignisse?

- Welche Rolle spielten die Medien (Radio, TV, Print) – lokale wie überregionale – im Zuge der Geiselnahme? Wie wurde berichtet und welche Rhetoriken zwischen „Freiheitskämpfer“ und „Terrorist“ kamen dabei zum Einsatz?

- Welche rechtlichen und politischen Konsequenzen (Legislative, Exekutive, Judikative) zog die Bundesrepublik Deutschland aus diesem Fall? Welche Bedeutung hat „München 1972“ für (deutsche) Sicherheitspolitik, Sicherheitsarchitektur und Terrorismusbekämpfung?

- Wie reagierten andere Staaten, Gruppen und Institutionen in Europa und im Nahen Osten auf den Terrorakt in München – und was waren die langfristigen Folgen?

- Welche Bedeutung kommt „München 1972“ aus der Perspektive des „Deutschen Herbstes“ 1977 oder der Terroranschläge seit dem 11. September 2001 zu?

- Wie stand es um die internationale Zusammenarbeit zwischen terroristischen Gruppierungen wie der RAF und Organisationen im Nahen Osten? Welche Kenntnisse hatten die Behörden davon?

- Wie wurden die Erfahrungen des Terrorismus von 1972 in künstlerischen, literarischen, filmischen oder popkulturellen Formen verarbeitet?

- Wie geht die frühe Terrorismusforschung mit einem ihr noch kaum bekannten Sujet – dem internationalen Terrorismus – um?

Beiträge aus allen Disziplinen sind willkommen. Die Ausrichtung auf die Olympischen Spiele von 1972 und den internationalen Terrorismus in deren Kontext dienen als Empfehlung, um in Bezug auf ein konkretes Ereignis die vielfältigen Erscheinungsweisen des Terrorismus zu diskutieren. Dieser Rückbezug ist allerdings nicht zwingend, da der Workshop wie gewohnt auch aktuelle Forschungsergebnisse zu anderen Themen integrieren kann.

Präsentationen sollten ca. 20-30 Minuten umfassen und im Anschluss Gelegenheit für ausführliche Diskussion (30 min.) bieten. Interessierte sind aufgerufen, einen Abstract ihres geplanten Vortrages oder ihrer Präsentationen im Umfang von maximal 500 Wörtern mit Angaben zu Autorin/Autor und Institution zu formulieren. Der Abstract muss Angaben zum Thema sowie zur wissenschaftlichen Methodik oder dem theoretischen Ansatz enthalten und sollte Thesen und Ergebnisse zusammenfassen. Vortragssprachen sind Deutsch oder Englisch.

Abstracts sind einzureichen an:
sbaden(at)hfg-karlsruhe.de
Einsendeschluss ist der 15. Juni 2012.

Eine Teilnahme ohne Vortrag ist ebenfalls möglich. Aufgrund der begrenzten Platzzahl bitten wir dafür ebenfalls um eine Anmeldung bis zum 15. Juni 2012.


Zum Netzwerk Terrorismusforschung:

Das Netzwerk Terrorismusforschung ist ein Zusammenschluss von mittlerweile über 300 jungen WissenschaftlerInnen aus verschiedenen Disziplinen, die sich mit Fragen und Proble­men des Themenbereichs Terrorismus und Terrorismusbekämpfung befassen. Es soll Kontakte schaffen und als Forum dienen für Ideen- und Informationsaustausch, zur Vorstellung von Projekten sowie deren gemeinsamer Initiierung, Planung und Realisierung. Das zentrale Werkzeug ist neben der Website und dem Mailverteiler der halbjährlich stattfin­dende Workshop. Auf diesem können laufende wie abgeschlossene Arbeiten sowie Projekte präsentiert und diskutiert werden. Das Netzwerk Terrorismusforschung steht dar­über hinaus Interessierten aus Medien, Verwaltung und Politik offen und bei Anfragen – z.B. für den Kontakt mit Experten bei spezifischen Fragen – zur Verfügung.



29.05.2012

Literaturtipp (in eigener Sache): Film und Gesellschaft - und die Grenzen des "seismografischen" Kinos.


Es ist gängig, Film zur Analyse von Gesellschaft und Gesellschaftsverhältnissen heranzuziehen. Nicht nur Dokumentar-, sondern gerade Spielfilme reflektieren unterschwellige Strömungen, Probleme, Bedürfnisse und Dispositionen von Kollektiven, so die gängige Voraussetzung für die Modellierung von Kinoanalyse als Gesellschaftsanalyse.

Auch in meiner Arbeit zum Terrorismus im Film geht es darum, dass Film auch unter dem Gesichtspunkt der Kunsthaftigkeit nicht ohne Abkehr von einer (freilich simplifizierten oder eben stark erweiterten) Kant’schen Vorstellung der „Interessenlosigkeit“ zu konzipieren ist – sei auf der Produktions-, sei es auf der Rezeptionsseite. 

Das Problem ist nun, zweierlei zusammen zu denken: Filme als Spiegel oder – eine dahingehend ebenfalls oft anzutreffende Metapher: – als Seismograf der Gesellschaft, stehen andere Vorstellungsweisen mit ganz eigenen Forschungs- und Erkenntnisinteressen gegenüber. Diese (re-)konstruieren Film als funktionale und effektive (psychologische; ideologische etc.) Kunst oder als quasi selbstständiges, beeinflussendes bis gar verderbendes Phänomen. Das aber setzt ein anderes Film-Gesellschaft-Verhältnis und Dynamiksystem voraus.

Die verschiedenen Instrumentalvorstellungen des Kinos – Film als Mittel der Gesellschaftsuntersuchung vs. Film als Gegenstand, über den Gesellschaft untersucht wird – existieren nebeneinander und werden oft notdürftig „irgendwie“ zusammenmodelliert. Doch zum einen werden dabei weitgehend die theoretischen Widersprüche übersehen und die methodischen Anforderungen ignoriert. Vor allem aber gib es, zum anderen, gesellschaftsdiskursiv erhebliche Unterschiede in der Bedeutung und Wirkmacht der Positionen …

Diesem Thema widme ich mich ausführlich in der aktuellen Ausgabe von Rabbit Eye – Zeitschrift für Filmforschung (Nr. 4; Ausg. 1 / 2012), in einem Beitrag mit dem Titel „Grenzen des seismografischen Films. Zum konzeptuellen Verhältnis von Film und Gesellschaft am Beispiel des Stereotyps zwischen Funktionalität und Angemessenheit.

Konkret geht es dabei um die Einschätzung, die Einordnung und die Frage nach dem (angemessenen) Umgang mit Stereotypen im Film – hier das des „Evil Arabs".

Den Artikel finden Sie HIER als PDF-Datei auf bzw. über die Website von Rabbit Eye, deren aktuelle Ausgabe dem Thema „Film und Gesellschaft“ gewidmet ist.

zyw