07.10.2014

Zu Hans Christoph Buchs "Jihadisten-Zeigefinger"


Auf Deuschlandradio Kultur kommentiert der Schriftsteller, Poet und Essayist Hans Christoph Buch den Zeigefinger der IS-Terrroristen - und interpretiert ihn dabei ausschießlich als mahnende-pädagogische Geste.


Das gerät ablehnend-moralisierend, funktioniert aber auch nur dann, wenn man den allgemein-religiösen Charakter der Geste außen vor lässt: Tauhīd bezeichnet den Glauben an die Einheit / Einzigartigkeit Gottes, der Zeigefinger ist das entsprechende (wortlose) Bekenntnis (siehe auch HIER).

Buchs Wortmeldung ist denn auch dreifach problematisch: Zum einen demonstriert es die verbreitete Unkenntnis (um nicht zu sagen: Ignoranz - oder einen Unwillen zur näheren Auseinandersetzung) in Sachen Symbolik, Glaubens- und Weltvorstellung samt Reglements von Islamisten.

Es zeigt zweitens, wie einfach eigene, "westliche" Lesarten und Werteverständnisse auf Islamisten und Jihadisten projiziert, mithin oktroyiert werden, obwohl diese sich gerade in gewissen Bereichen von diesen absetzen (wollen). Ein Fallbeispiel für die Postcolonial Studies.

Und - drittens - spielt man gerade so Islamisten, gerade auch den radikalen - in die Hände, wird doch eine etablierte, akzeptierte Geste als Teil der Shahada rein zur Robert-Lembke-Was-bin-ich?-"typischen Handbewegung" (s. Ch. Buch) von IS- und anderen Extremisten deklariert, damit en passant der Islam und seine religiöse Praxis - allen wohlfeilen gegenteiligen Beteuerungsdemonstrationen zum Trotz - doch nur einmal mehr auf ein überkommenes, antiaufklärerisches Glaubensvehikel für (potenzielle) Terroristen reduziert.

Sicher, Buch ist kein Islamwissenschaftlers oder Arabist, das Ziel seiner Attacke legitim und es geht im generell um das "Vorgehensweise der Einpeitscher und Demagogen". Aber so fahrlässiges Dahingedeute in Essayform sollte man aber doch nicht solchen Platz einräumen, wie es DRadio getan hat. Gerade, dass die IS-"Soldaten" im Namen Allahs wüten und sich auf den Islam berufen, mithin sich dessen Texte und Ausdrucksmittel bedienen, gebietet es nämlich, genauer hinzuschauen und zu differenzieren, wird man so - auch eigengesellschaftlich - der Herausforderung durch den "Islamischen Staat" und seine Attraktion für hiesige Gläubige und Konvertieten niemals Herr.

In diesem Sinne ist nämlich das Motto der Radikal-Islamisten "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns", das Buch ihnen attestiert, nämlich auch nur allzu "christlich" - sei es, was George W. Bush anbelangt der Jesus nach Matthäus (12,30).

zyw