20.11.2011

Buchtipp: "Die Welt nach 9/11"


Knapp über tausend Seiten ist es stark, das "Sonderheft" Nr. 2/2011 der Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik, das sich, 10 Jahre nach dem 11. September 2001 mit den "Auswirkungen des Terrorismus auf Staatenwelt und Gesellschaft" befasst. Thomas Jäger, Professor für Internationale Politik und Außenpolitik der Universität Köln hat den vorzüglichen Wälzer herausgegeben und gliedert ihn in fünf Teile, die teilweise selbst wiederum unterteilt sind:

Im ersten geht es um "Akteure" - zunächst jenen in den USA, wobei hier u.a. die US-Sicherheitsarchitektur beleuchtet wird oder die neuralgische Grenze zu Mexiko oder die Rolle der Neokonservativen. Chistoph Schwarz und Peter Wichmann widmen sich je der Mobilisierungsstrategie von al-Qaida und ihrer Transformation zur globalen Bewegung. Weiterhin wird ein Blick nach Europa geworfen, Lateinamerika und auf den Nahe- und Mittlere Osten, wobei sich beispielsweise Malte Gaier mit dem "Frontstaat Pakistan" befasst.

Teil 2 widmet sich den Internationalen Beziehungen nach 9/11 unter dem Blickwinkel der internationalen Politik oder mit Fokus auf internationale Institutionen (UNO, NATO, EU).

Die letzten drei Teile klingen etwas luftiger: Transformation, Imagination und Spannungen, wobei sich in Teil 3 (eben den zu den "Transformationen") sich u.a. Hartmut Rensen mit dem Schutz der Grundrechte in Deutschland nach 9/11 beschäftigt und Anna Daun mit den Folgen des 11. Septembers für die Nachrichtendienste und deren Ausrichtung.

Teil 4, "Imaginationen" widmet sich den künstlerischen, kulturellen und medialen (Re-)Präsentationen: 9/11 und der Krieg gegen den Terrorismus im Kino (Samuel Rothenspieler), die Berichterstattung über die Anschläge im Fernsehen oder der 11. September in der deutschen Literatur (dazu je ein Text von Jennifer Clare und Michael König).

Teil 5, "Spannungen" lässt sich nicht ganz sauber von den anderen trennen. Auch hier geht es um Fragen des Rechts ("Freiheits- und Bürgerrechte nach 9/11" v. Andreas Busch) oder Medien (die digitale Propaganda der Tat - Andreas Elter u. Stephan Weichert; Kriegsjournalismus - Stephan Weichert, Leif Kramp u. Alexander Maschek - oder mediendiskursive Deutung des 11. September - Susanne Kirchhoff). Im Zentrum stehen hier aber meist Probleme in Form von Konfliken und Dilemmata, die wahlweise als Kollateral- oder Sekundärschäden von Terrorismus und Terrorismusreaktionen zu betrachten sind.

Die Welt nach 9/11. Auswirkungen des Terrorismus auf Staatenwelt und Gesellschaft ist ein in doppelter Hinsicht schwergewichtiger Band zur Analyse des 11. Septemer und mehr noch der Zeit danach. Gerade der (gleichwohl wohltuend eng gezurrte) Disziplin-Mix, der "harte" politische Untersuchungen und Strategieskizzierungen mit fundierten "weicheren" kulturellen Kultur- und Sozialbetrachtungen spannt einen überzeugenden ausgewogenen und sachlichen Bogen, wie ihn andere Bände zum Thema 9/11 oft vermissen lassen. Nicht weil diese einen fachlich engeren Blick wählen, sondern darin, innerhalb ihrer thematischen oder wissenschaftlichen Selbstbegrenzung zwecks Ausreizung des Feldes sich ohne Not und Gewinn zum Obskuren oder Fadenscheinigen hin verführen lassen.

Freilich: Ganz unvoreingenommen ist diese Kritik hier auch nicht, da auch von mir ein Text Jägers Band erschienen ist: In Zur Vorstellung der Gefahr. Terrorismus und Terrorismusspielfilme als Risikokommunikation (S. 741-770) geht einführend es um die Herausforderung des Terrorismus für die Risikokalkulation, -bewertung und -kommunikation sowie um die Frage, inwiefern Spielfilme nicht nur risikokommunikativ, sondern auch terrorismusrisikokommunikativ sein können.


Thomas Jäger (Hg.) (2011): Die Welt nach 9/11. Auswirkungen des Terrorismus auf Staatenwelt und Gesellschaft. (Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik – Sonderheft 2) Wiesbaden: UVK. € 49,95.

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