10.02.2012

Traditertes Antlitz von Revolte und Widerstand



Alan Moore, V for Vendetta und Anonymous

Wenn er auch kein wirklich deutliches Statement zur amorphen Hacker-Gruppierung Anonymous und vor allem zu deren praktischer wie emblematischer Verwendung der Guy-Fawkes-Masken liefert: Alan Moore, Altmeister des erwachsenen Comics und der ernsten Graphic Novels (u.a. schrieb er die Reihe Watchmen) äußerst sich HIER zur Terrorismus-und-Revolutionstradition, die seinem Klassiker V for Vendetta vorausging und nachfolgte.

Die Comic-Serie entstand Anfang der 1980er unter dem Eindruck eines eskalierenden (Anti-)Thatcherismus. Die Dystopie spielt in einem faschistischen England nach der Ost-West-Konfrontation. Dort kämpft ein einsamer namenloser Umstürzler mit terroristischen Mitteln gegen das totalitäre System - maskiert mit der Larve des katholischen Offiziers Guy (eigentl. Guido) Fawkes. Dieser war in den geplanten Anschlag (dem Gunpowder-Plot) am 5. November 1605 verstrickt: Der protestantische König Jakob I., seine Regierung und das gesamte Londoner Parlament sollten mit rund 2,5 Tonnen Schießpulver in die Luft gejagt werden. Dem Ereignis wird heute noch im Vereinigten Königreich feierlich gedacht, auch wenn aus den Guy-Fawkes- nun neutral die Bonfire-Nights geworden sind.



Die Maske des Helden "V" wurde nicht nur aufgrund der Comics, sondern wohl mehr noch durch die Warner-Bros.-Verfilmung von 2005 mit Natalie Portman und Hugo Weaving bekannt. Die Fawkes-Masken gehörten zwar davor schon zu den Feier- und Feuernächten dazu, wie Moore erklärt. Die aktuelle, weitverbreitete stilisierte Version in Schwarz und Weiß mit dem spöttischen Lächeln geht aber zurück auf den V-for-Vendetta-Zeichner David Lloyd.



Heute ist die Maske vor allem durch die Verwendung der Occupy-Bewegung und der Hacker-Aktivisten von Anonymous präsent und dabei eindrucksvoll symbolisch (und wohl sehr im Sinne Moores) appropriiert worden.



Die Internet-„Rebellen“ des losen Anonymous-Kollektivs machten in den letzten Jahren unter anderem von sich reden, indem sie per Datenklau, Webseiten“abschuss“ und anderen digitalen Aktionen gegen die tunesische Regierung während der Jasminrevolution, gegen iranische Regierungsstellen, SONY, Scientology, Rechteverwertungsfirmen oder Unternehmen wie PayPal oder Mastercard, als diese WikiLeaks-Konten sperrten, vorgingen und vorgehen. Erst vor Kurzem veröffentlichte Anonymous den Mitschnitt einer Telefonkonferenz zwischen dem FBI und Scottland Yard. In der Schaltung wurde das Vorgehen gegen die Hackergruppierung LulzSec diskutiert sowie der Fall zweier vermeidlicher LulzSec-Mitglieder, die in England in Haft sitzen.