29.05.2012
Literaturtipp (in eigener Sache): Film und Gesellschaft - und die Grenzen des "seismografischen" Kinos.
Es ist gängig, Film zur Analyse von Gesellschaft und Gesellschaftsverhältnissen heranzuziehen. Nicht nur Dokumentar-, sondern gerade Spielfilme reflektieren unterschwellige Strömungen, Probleme, Bedürfnisse und Dispositionen von Kollektiven, so die gängige Voraussetzung für die Modellierung von Kinoanalyse als Gesellschaftsanalyse.
Auch in meiner Arbeit zum Terrorismus im Film geht es darum, dass Film
auch unter dem Gesichtspunkt der Kunsthaftigkeit nicht ohne Abkehr von einer
(freilich simplifizierten oder eben stark erweiterten) Kant’schen Vorstellung der „Interessenlosigkeit“
zu konzipieren ist – sei auf der Produktions-, sei es auf der Rezeptionsseite.
Das Problem ist nun, zweierlei zusammen zu denken: Filme als Spiegel oder
– eine dahingehend ebenfalls oft anzutreffende Metapher: – als Seismograf der
Gesellschaft, stehen andere Vorstellungsweisen mit ganz eigenen Forschungs- und Erkenntnisinteressen gegenüber. Diese (re-)konstruieren Film als
funktionale und effektive (psychologische; ideologische etc.) Kunst oder als
quasi selbstständiges, beeinflussendes bis gar verderbendes Phänomen. Das aber setzt
ein anderes Film-Gesellschaft-Verhältnis und Dynamiksystem voraus.
Die verschiedenen Instrumentalvorstellungen des Kinos – Film als Mittel
der Gesellschaftsuntersuchung vs. Film als Gegenstand, über den Gesellschaft
untersucht wird – existieren nebeneinander und werden oft notdürftig „irgendwie“
zusammenmodelliert. Doch zum einen werden dabei weitgehend die theoretischen
Widersprüche übersehen und die methodischen Anforderungen ignoriert. Vor allem aber
gib es, zum anderen, gesellschaftsdiskursiv erhebliche Unterschiede in der Bedeutung und
Wirkmacht der Positionen …
Diesem Thema widme ich mich ausführlich in der aktuellen Ausgabe von Rabbit Eye – Zeitschrift für Filmforschung (Nr. 4; Ausg. 1 / 2012), in einem Beitrag mit dem Titel „Grenzen des seismografischen Films. Zum konzeptuellen Verhältnis von
Film und Gesellschaft am Beispiel des Stereotyps zwischen Funktionalität und
Angemessenheit.“
Konkret geht es dabei um die Einschätzung, die Einordnung und die Frage
nach dem (angemessenen) Umgang mit Stereotypen im Film – hier das des „Evil Arabs".
Den Artikel finden Sie HIER als PDF-Datei auf bzw. über die Website von
Rabbit Eye, deren aktuelle Ausgabe dem Thema „Film und Gesellschaft“
gewidmet ist.
zyw