In der Reihe „Bamberger Studien zu Literatur, Kultur und Medien“ ist neu
der Sammelband
Die Gewalt der Zeichen. Terrorismus
als symbolisches Phänomen, herausgegeben von Stefan Bronner und
Hans-Joachim Schott, erschienen. Ausgangspunkt ist die interdisziplinäre Tagung zum Phänomen des
symbolischen Terrorismus, die am 13. u. 14.11.2010 an der Fakultät für Geistes-
und Kulturwissenschaften der Otto-Friedrich-Universität Bamberg stattfand.
Zum Inhalt heißt es:
„Seit der
radikalen Änderung der weltpolitischen Lage durch das Selbstmordattentat
islamistischer Terroristen auf die Supermacht U.S.A. am 11.9.01 versucht die
Weltöffentlichkeit, dem Phänomen des Terrorismus durch die verschiedensten
Erklärungsstrategien Herr zu werden. Man führt den Kampf der Kulturen oder
Religionen an, verweist auf die Ausbeutung der Peripherie des kapitalistischen
Weltsystems durch den Hegemon U.S.A. oder pathologisiert bzw. dämonisiert die
Taten der Terroristen. Uns scheinen diese Erklärungsstrategien den
Machtkonstellationen der postmodernen Gesellschaften nicht gerecht zu werden,
da sie ein zentrales soziales Phänomen der vergangenen Jahrzehnte nicht
beachten: das Unbehagen an der pluralistischen Gesellschaft und der
konsensuell-repräsentativen Demokratie. Um dieses Unbehagen angemessen
beschreiben zu können, wollen wir uns ihm aus einer zeichentheoretischen
Perspektive nähern, die soziale Formationen nicht durch (kooperative) Arbeit
determiniert sieht, sondern durch die Instanz des Codes. Für Jean Baudrillard
ist die Wahl des Ziels der beiden Türme bedeutend, die sich wechselseitig
reflektieren und das System nach allen Seiten hin abschließen. Mit ihnen wurde
das neuralgische Zentrum des Systems getroffen, das sich auf einem binären Code
gründet. Die Twintowers bedeuteten nicht nur das Ende jedweder originalen
Referenz, sondern auch den Abschluss des Bezeichneten durch die Wiederholung
des Zeichens. Der Code führt eine symbolische Verteilung der gesellschaftlichen
Körper durch und zielt auf eine möglichst genaue Übereinstimmung der
Gemeinschaft mit sich selbst gemäß eines arithmetischen und geometrischen
Kalküls. Die integrative Kraft dieses auf dem Identitätsprinzip basierenden
Systems scheint immer häufiger nicht mehr in der Lage zu sein, das negative
Potential antagonistischer Strategien binden zu können, die in Form von zivilem
Ungehorsam, Politik von Minoritäten oder terroristischen Akten die symbolische
Ordnung der westlichen Gesellschaften unterhöhlen. In diesem Tagungsband diskutieren
wir das Ausmaß der Krise der konsensuellen Demokratie und ihrer Institutionen.“
Beiträge
des Bandes befassen sich mit „symboltheoretischen Ansätzen der Terrorforschung“ (Bronner,
Schott), bieten eine „Textanalyse zu Terrorismus-Darstellungen in der
deutschen Boulevardpresse“ (Christian Schütte, Siegen) oder „Sprachlicher
Gewalt in der Boulevardpresse und ihre Folgen am Beispiel von Heinrich Bölls Die verlorene Ehre der Katharina Blum“
(Karen Juliane Wiedmann, Bamberg). Martin Rehfeldt (Bamberg) widmet sich der
Funktion von RAF-Bezügen in der Popkultur; Literatur von Brecht, Uwe Timm oder
Bernhard Schlink wird beispielhaft, als Bezugsfolie oder Dekonstruktion behandelt.
Was den Bereich Film betrifft finden sich Texte zu „palästinensischen
Selbstmordattentäter
im israelischen und palästinensischen Film“ (Anne Maximiliane
Jäger-Gogoll, Marburg/Siegen) und „zur Darstellung der Roten Armee Fraktion im
Film“ (Anja Schnabel, Paris).
Besonders schön: Den Reader der University of Bamberg
Press als pdf-Datei gibt es kostenlos zum Download HIER.
zyw