Dass Terrorismus und die Medien ein symbiotisches Verhältnis pflegen,
wird gerne eindrucksvoll, wenn auch womöglich vorschnell oder pauschalisiert behauptet. Zumindest aber
lässt sich sagen, dass so manche Medien nur zu gerne, und gerne zu
reißerisch, über Extremisten berichten. Ein aktuelles Beispiel liefert Spiegel Online bzw. Spiegel TV (am 3. Februar 2013).
„Terror-Video gegen die Kanzlerin: ‘Wir
wollen Merkel und Obama tot sehen‘“ betitelt das Nachrichtenportal
aufmerksamkeitswirksam seinen Link auf einen durchaus sehenswerten
siebenminütigen Beitrag der Netzfernsehschwester (www.spiegel.tv/filme/bedrohungsvideo-merkel/)
Anmoderation es Beitrags "Terrorvideo bedroht Merkel", Spiegel TV |
Die Anmoderation erfolgt vor einem Bild der Bundeskanzlerin im
Fadenkreuz. Im folgenden Bericht, in dem unter anderem auch BKA-Chef Ziercke zu
Wort kommt und der zwei bekannte Aktivisten vorstellt, entpuppt sich das „Terrorvideo
bedroht Merkel“ aber als leicht überzogen. In einem unter anderem auf YouTube
zu findenden deutschsprachigen Dschihadisten-Kampflied (Naschid) der Globalen Islamischen
Medienfront. Unter dem Titel „Die Ummah“ (Gemeinschaft) heißt es in einer
Strophe, „Wir wollen Merkel und Obama tot sehen“. Das ist nun, gelinde gesagt, alles andere als okay, ist jedoch wohl kaum genug für ein „Terror-Video“ – keines jedenfalls, das die direkte „Ankündigung“ eines
Attentats, etwa als direktes gerichtetes Statement von Extremisten zwecks
Einschüchterung oder Erpressung, darstellt, wie es von Spiegel Online und Spiegel
TV bereitwillig impliziert wird.
Dessen ungeachtete bietet der Beitrag von Thomas Heise jenseits von
Panikmache ein bedenkliches Bild über die Umtriebe (und Wirrheit) von
Islamisten, nicht nur in Deutschland. Die Hetze im Netz stehe im Zusammenhang
mit „al-Qida-nahen syrischen Rebellen“. Videomaterial von diesen – ebenfalls im
Netz zu finden – wird eingespielt: Ein Mann (mit unkenntlich gemachtem Gesicht)
auf einem Laster mit Bomben auf der Ladefläche, dann eben jener Mann, der seine
Selbstmordbotschaft in die Kamera spricht, sich Gott anempfiehlt. Und schließlich, aus der Entfernung
gefilmt, wie der LKW (in einer Wohnanlage? auf einem Kasernengelände?) in einem
riesigen Feuerfall detoniert. Dreimal schnell aufeinanderfolgend wird das in
dem Propagandafilm gezeigt – und im Beitrag. Kommentar: Die dschihadistische Video-Gruppe
schlachte den Anschlag maximal aus, zeige die von verschiedenen Kameras
gefilmte Explosion gleich mehrmals.
Ziel von Spiegel TV ist sicher
nicht die Radikalisierung, wie der Sprecher die Absicht der Dschihadisten erläutert.
Aber auch das investigative Medium kann sich, trotz oder gerade wegen (bzw. in)
seiner Position als neutraler Berichterstatter, als scheinbar sachlicher „Zitierer“,
der Faszinationskraft der Anschlagsbilder, mit Blick eben auf sein Publikum, nicht entziehen.
Nicht, dass sich Spiegel TV mit den Propagandisten damit automatisch und rundheraus gemein machen würde. Aber man kann beim Betrachten des Fernsehbeitrags für einen kurzen Moment durchaus in die Bredouille kommen, nicht zu wissen, welchem der beiden Filme (oder: Repräsentationsebenen) das wiederholte Zeigen der Explosion nun zuzuschreiben ist …
Nicht, dass sich Spiegel TV mit den Propagandisten damit automatisch und rundheraus gemein machen würde. Aber man kann beim Betrachten des Fernsehbeitrags für einen kurzen Moment durchaus in die Bredouille kommen, nicht zu wissen, welchem der beiden Filme (oder: Repräsentationsebenen) das wiederholte Zeigen der Explosion nun zuzuschreiben ist …
zyw