22.01.2016
IS nutzt Historienfilm für Propaganda
An dieser Stelle habe ich 2013 schon, im Kontext des online-verbreiteten "Hetz"-Films (bzw. Pseudo-Trailers) "The Innocence of Muslims", über den Kino-Epos THE MESSAGE von Moustapha Akkad geschrieben. 1977 in die Kinos gekommen behandelte dieses die Gründerzeit des Islam und führte seinerzeit zu einigen, teils gewalttätigen, Kontroversen.
Einige Jahre später brachte Akkad LION OF THE DESERT (dt.: "Omar Mukhtar – Löwe der Wüste", 1979 / 1981) als zweite und letzte Regiearbeit in die Kinos. Finanziert durch Muammar al-Gaddafi erzählt die US-libysche Produktion vom Widerstand des Omar Mukhtar gegen die Italiener im Jahr 1929. Anthony Quinn (der in THE MESSAGE schon des Propheten Onkel Hamsa darstellte) spielt iW THE DESERT den Freiheitshelden, Rod Steiger den italienischen Diktator und Oliver Reed dessen General Graziani. Weitere Stars und Schauspielgrößen: Irene Papas, John Gielgud und, in einer Nebenrolle, Sky Dumont. Ein weiterer Fall geschichtlich-nationalistischer Vereinnahmung des Kinos (oder des Versuchs), die, wie im Falle Gillo Pontecorvos LA BATTAGLIA DI ALGERI, freilich in eigenständigen, künstlerischen Werken resultieren kann (s. dazu etwa Kapitel 11.2 in meinem Buch).
Ausschnitte aus LION OF THE DESERT hat der sog. "Islamische Staat" nun in einem Video verwendet, mit dem Italien gedroht wird (Expansion bis dass das Banner des "Kalifats" über Rom flattert, siehe HIER). Dieser "aneignende" Rückgriff auf den den Film ist in seiner verdeckten Symbolik und Verweisdichte nicht nur unglücklich glücklich, sondern auch auf bitterste Weise ironisch: Regisseur Moustapha Akkad, der vor allem als Produzent später Erfolg hatte, kam im jordanischen Amman mit seiner Tochter 2005 bei bzw. in Folge eines Bombenanschlags auf das Grand Hyatt-Hotel ums Leben - verantwortet von "al-Qaida im Irak", der Vorgängerorganisation des "Islamischen Staats".